Vertreibung der Familie Altmann aus dem Böhmerwald im heutigen Tschechien

Zeitzeugenbericht von Josef Altmann, Jg. 1939


Der Heimatort

Die Familie Altmann kommt aus dem etwas verstreuten Gehöft  Bärnhof. Es zählte 15-18 Familien.  Bärnhof  gehörte zur bürgerlichen Gemeinde Flecken. Die  Kirchengemeinde war St. Katharina.  Bärnhof wurde umgangssprachlich nur Berloch genannt, wegen seiner Lage in einer Senke und lag  nahe an der Grenze zu Bayern.

 

Ankunft in Heuchlingen am 19.8.1946

Die Fam. Altmann wurde, wie so viele Vertriebene vor ihnen und auch noch danach, zuerst in den Schulräumen des früheren Hindenburg und heutigen Parlergymnasiums einquartiert. Von hier aus erfolgte dann am 19.8.1946 die endgültige Verteilung in die umliegenden Orte. Für den 19.8.1946 sind neben Altmann noch eine Fam. Kriz  (4 Pers) und eine Familie Wünsch (3 Pers) vermerkt. Wünsch und Kriz  ziehen dann aber bereits im Sept., bzw. Oktober von Heuchlingen wieder weg.

Die Familie Altmann in Heuchlingen

Die Großeltern: Thomas Altmann, Landwirt, Jg. 1873 mit Ehefrau Maria, Jg. 1876. Der Großvater starb 1950, die Großmutter 1955.

Die Mutter: Altmann, Witwe und Haufrau,  mit den Söhnen Konrad, Jg. 1938, Josef, Jg. 1939 und der Tochter Rosemarie, Jg. 1943.  Max  Altmann, der Vater, ist 1946 von den Tschechen umgebracht worden.

Familiengeschichte entnommen aus der Heimatbeschreibung von Albine Schneid er anläßlich eines Heimattreffens.

 
Beim Thomern - s. nebensteh. Bild- sprach man, wenn von der Familie Altmann in Bärnhof die Rede war, sicher in Anlehnung an den Altbauern Thomas.
Großes Leid
mußte die Familie hinnehmen, als Vater Max 1945, gut vom Krieg zurückgekehrt, von den Tschechen verhaftet, dann nach Klattau eingeliefert und *dort im Febr. 1946 umgebracht wurde. Mit den drei kleinen Kindern wurde Frau Altmann zusammen mit den alten Schwiegereltern mittellos in eine große Ungewißheit abgeschoben. (*dort im Febr.1946 zum Tode verurteilt und sofort hingerichtet wurde)

Wohnstätte in Heuchlingen: Altmann fanden Unterschlupf im Haus der Caroline Ohnewald am Bergle. Die Familie wohnte dort bis in die Mitte der 1960er Jahre. Um 1965/ 66 zogen Konrad und Josef Altmann in ihre neu erbauten Wohnhäuser. Die Mutter selbst wohnte dann noch zusammen mit Caroline Ohnewald bis zum Abriss in deren Haus. Danach zog die Mutter bei ihrem Sohn Konrad ein. Angemerkt:  Der Großvater starb 1950, die Großmutter 1955. Die beiden anderen Geschwister heiraten und gründen einen eigenen Hausstand.


Chronik der Vertreibung und Ankunft in Heuchlingen

Josef Altmann hat über Einzelheiten der Vertreibung aus seiner Heimat- er war damals knapp 7 Jahre alt - nur noch bruchstückhafte Erinnerungen.


Nach Kriegsende
schlug in der Tschechei allen Deutschen sehr schnell großer Hass und Revanchegelüste entgegen. Die Gefahr der Vertreibung aus ihrer Heimat war schnell immer stärker zu spüren. Der Großvater von Josef Altmann hat diese Entwicklung wohl schon in den letzten Kriegstagen erahnt und sich über Vorsorgemaßnahmen Gedanken gemacht.  So ließ er  schon vor Kriegsende Kleider, Geschirr, haltbare Lebensmittel, ja selbst Möbel über die nahe Grenze nach Bayern schaffen und bei  einem bekannten und befreundeten Bauern unterstellen. Einen Teil der Gegenstände konnten Altmann, sie wohnten da schon in Heuchlingen, wieder herbeischaffen.

Bemerkenswert  hier: Josef Altmann hat noch einen Schrank aus dieser Aktion in seinem Keller stehen.

 

Einzelheiten zur Vertreibung

Alle Deutsche in Böhmen und Mähren wurden 1945/1946 unter Androhung und auch Anwendung von Gewalt zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen. Laut dem Ben`es-Dekret  vom Oktober 1945 wurde das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen der deutschen Bewohner, konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. So durften auch Altmann, wie bei der Fam Bäuml schon erwähnt, nur das Allernotwendigste bei ihrer Vertreibung mitnehmen.  Josef meint noch aus dem Mund seiner Großmutter zu hören, dass es am Kranzeltag war - so wurde dort der Fronleichnamstag genannt

Der Abtransport
aus dem Heimatort erfolgte auf einem Pferdefuhrwerk in ein Sammellager  im 18 bis 20 km entfernten Tschechisch - Eisenstein. Das Lager bestand aus mehreren Holzbaracken. Hier wurden sie dann ein weiteres mal gefilzt und nochmals um einen Teil ihrer wenigen Habseligkeiten erleichtert.


Die weiteren Stationen

Vom Lager Tschechisch Eisenstein aus erfolgte der Abtransport nach Deutschland.  Der Transport erfolgte in Güterzügen zunächst ins nordöstlich gelegene Klattau. Von Klattau führte der Weg weiter über  Taus (Domazlice) und danach wieder runter nach Furth i. Wald in Bayern.

In Furth i. W. war ein großes Flüchtlings - Sammellagen eingerichtet.  Nach Josef trafen sich dort Vertriebene aus allen  deutschen und deutschsprachigen Gauen, d.h. aus den Sudeten, Böhmen, Mähren, Schlesien u.a.

Nürnberg. Die nächste Station war dann ein großes Sammellager in Nürnberg. Hier verweilten Altmann aber ebenfalls  nur  einige Tage. Vom Lager Nürnberg aus erfolgte nun eine große Verteilung der  Vertriebenen in die ganze süddeutsche Region. So führte eine der  Routen in Richtung Schwabach, eine andere runter ins Remstal. Dieser Route nun war auch die Fam. Altmann zugeteilt.

Schwäbisch Gmünd. In Schwäbisch Gmünd  nun war für die Familie Altmann das vorläufige Ende ihrer Fahrt erreicht. Hier erfolgte nun die Verteilung in zahlreiche Notquartiere. Das Quartier für Altmann war in den Schulräumen des früheren Hindenburg - und heutigen Parlergymnasium eingerichtet.


Heuchlingen- Endstation.
Nach etwa 4 Wochen Aufenthalt in Gmünd traten Altmann  jetzt zur letzten Fahrt  ihrer Vertreibung an. Auf einem LKW verladen,  landeten sie vor dem Rathaus in Heuchlingen - hier dann wieder das übliche Melde- und Aufnahme- Prozedere.

Unterkünfte in Heuchlingen

Ihre erste Notbleibe fanden Altmanns dann ebenfalls im Gasthaus Adler. Einzelheiten über die Lagerart, die Verpflegung usw.  weiß Josef nicht mehr. Die Aufenthaltsdauer dort schätzt er auf 4 Wochen. Das  entspricht in etwa auch dem Turnus der Zuweisungen  der anderen Vertriebenen in den "Adler".


Die weiteren Wohnstationen
  der Altmanns in Heuchlingen.

Die Familie Altmann, sie bestand aus den beiden Großeltern und der Mutter mit ihren 3 Kindern, fand sodann im Haus der Caroline Ohnewald am Bergle ihre Bleibe. Dort belegten sie das Mittelzimmer und das Eckzimmer - dem Hausgarten zu gelegen. Die Küche teilten sie sich mit der Fam. Rosa Waidmann und deren beiden Kindern. Das WC/Klo lag im Keller. Zu dessen Benutzung mussten sie von außen her durch die gemeinsame Küche gehen. Nach Auszug von R. Waidmann bekamen  Altmann deren Wohnraum hinzu. Bei Caroline Ohnewald  wohnte die Fam. Altmann dann bis in die Mitte der 1960er Jahre.

Episode von Josef erzählt. Im Lager Gmünd hatte Josef Altmann die erste- buchstäblich erste Berührung mit elektr. Strom. Josef wurde von einem jungen Lagerbewohner angeleitet mit einem Blechstreifen o. ä. eine offene liegende elektr. Leitung zu berühren. Josef tat es; es hat ihn die Treppe runter geworfen. Weiter sei aber nichts passiert. Der Hintergrund: In Böhmen gab es zu seiner Kinderzeit noch keinen elektrischen Strom. Die Beleuchtung dort bestand aus Gaslaternen.


Eine Lebensbeschreibung in der neuen Heimat

Nach knapp einem Jahr in Heuchlingen, also 1947,  schreibt der Großvater Thomas an seine Enkelin Anna in Neukirchen b. hl. Blut,  nahe der tschechischen Grenze. "...........Wir sind jetzt schon eingewöhnt. Auch die Kinder gewöhnen sich ein. Die Buben gehen zur Schule, die Rosmarie in den Kindergarten. Kirche und Schule sind nicht weit weg von uns, der Kindergarten ist neben uns. Man kann hier alles haben: Bäcker, Kramer, Fleischer, Schuster, auf die Bahn haben wir 1 Stunde. Die Kinder hatten große Freude mit Deinem Paket, weil etwas von der Heimatgegend kam. Hier sind die Leute ganz unfreundlich mit den Flüchtlingen. Kaufen kann man von ihnen nichts, die haben nichts für uns. Jetzt gibt es doch ein paar Kartoffeln auf der Karte (Lebensmittelkarte). Vor 14 Tagen hat man nirgends  eine bekommen. Stundenweit musste man gehen und umsonst. Hier gibt es wenig Kartoffel, Obst ist auch wenig. Die Kinderfragen schon immer, ob die Tante vom Bärnhof nicht kommt. Die möchten gerne zurück, weil hier versteht man die Leute nicht mit ihrer Schwabensprache

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