Geschichte einer Vertreibung
aus Kalsching im südlichen Böhmerwald. Zeitzeugenbericht- stark gekürzte Auszüge aus den
Geschichts-Aufzeichnungen von Josef Prokschi -
Josef Prokschi kommt aus Kalsching,
Kreis Krumau im Böhmerwald. Befreiung durch Nazideutschland?? - Bruchstücke aus dem Bericht
v. J. Prokschi Am
Sonntag dem 31. Aug. (1939) wurden an alle Haushaltungen Lebensmittelkarten verteilt , mit dem Hinweis, ab morgen werden Lebensmittel
nur gegen diese Karten verkauft. Alle fragten erstaunt: wieso, es ist nicht
Kriegszeit? nun, am nächsten Tag begann der Krieg mit Polen und die
Einberufungen begannen gleich am ersten Tag. Bekleidung gab es nur auf
Bezugsschein. Verdunklungen wurden angeordnet. Für jeden Gefallenen wurde an
einem geeigneten, gepflegten Platz ein Holzkreuz mit Inschrift aufgestellt,
die 1943, oder 44 wieder entfernt wurden um die immer wieder größer werdende
Zahl nicht vor Augen zu haben und immer noch kein Kriegsende abzusehen war. 1943 mussten Evakuierten aus dem Rheinland Wohnungen
zugewiesen werden. 1942 wurden die im Jahre 1931 wieder beschafften Glocken wieder
abmontiert und abgeliefert. In diesem Jahr wurden die ersten Flugblätter von
feindlichen Flugzeugen abgeworfen. Im Sept. 1944 überflog das 1.
Amerikanische Bombergeschwader den Ort. Dieses wiederholte sich jede Woche
einmal. Banater und Batschkadeutsche
kamen mit ihren Trecks nach Kalsching, wo
ihnen Wohnungen zugewiesen wurden. Flüchtlinge aus Schlesien wurden schon vorher untergebracht. Im Okt. 1944 wurden
alle im Ort verbliebenen Männer unter 65 Jahren zum Volkssturm verpflichtet
und vereidigt. Sie wurden jeden Sonntag im Gebrauch von Waffen und im Gelände
geübt. Im März 45 mussten in der Umgebung des Ortes Schützenlöcher und eine
Stellung für ein Flackgeschütz ausgehoben werden,
obzwar es keine Flackgeschütze mehr gab wie ein
verwundeter Soldat sagte. Diese Stellungen wurden auch nicht mehr benützt.
Der Volkssturm wurde in der hiesigen Turnhalle kaserniert. In den
Ausfallstraßen wurden Straßensperren errichtet. Maria Magdalenakirche in Kalsching (aus Wikipeda)
Das Ende Im April 45 war in einem Haus ein Divisionsstab stationiert,
der für die noch 20 - 30 Km entfernte Ostfront zuständig war.
Flüchtlingstrecks schlesischer Bauern, die bisher im Protektorat Zuflucht
gefunden hatten, kamen in unseren Ort. Nicht alle Zugtiere und Wagen konnten
in den Scheuern untergebracht werden. Mehrere Trecks zogen durch den Ort. Beim
Einmarsch der Amerikaner stellte sich ein Offizier im Bürgermeisteramt vor
und grüßte in tschechischer Sprache. Der Bürgermeister sagte: "Sie
müssen deutsch sprechen. Wir sind Deutsche. Der Offizier zeigte auf seine
Landkarte: Das ist tschechisches Gebiet. Der Bürgermeister machte ihm auf der
Karte klar, dass hier nur deutsche Gemeinden sind. Worauf sich der Offizier
mit der Landkarte entfernte. Eine folgende Überprüfung durch amerikanische
Offiziere der Inschriften auf den Grabdenkmälern des Friedhofs bestätigte die
Angaben des Bürgermeisters. ............................ Am 18. Okt. 45, 7 Uhr früh, standen bespannte Leiterwagen von der Kirche
abwärts und Kommissare in Begleitung von Gendarmen durchsuchten die Wohnungen
nach Waffen, Fotos von SS- Angehörigen, usw. Wobei sie sich auch Sparbücher,
Personalurkunden u.a. aneigneten, und befahlen den Leuten mit dem nötigsten
Hausrat versehen sofort das Haus zu verlassen und auf dem bereitstehenden
Wagen Platz zu nehmen. Es wurde nicht gestattet (einem Landwirt) das
frischgebackene, erst halbfertige Brot dem Backofen zu entnehmen. .........
Als alle Wagen beladen waren, setzte sich die Kolonne in Marsch nach einem 10
Km entfernten Dorf. Die
später verjagten Landwirte kamen zu tschechischen Bauern als
Dienstboten. Auch ich kam zu einem tschechischen Bauern der ausgezeichnet
Deutsch sprechen konnte und zu mir sagte: soviel Jahrhunderte war Platz für
Deutsche und Tschechen, jetzt ist auf einmal kein Platz mehr. Wir waren 6
tschechische und 5 deutsche Dienstboten, wurden gleich gut behandelt und auch
die übrigen Dorfbewohner waren freundlich zu uns. Im März 1946 begann die Aussiedlung. In das Aussiedlungslager
(vorher Kasernengebäude) wurden täglich aus verschiedenen Orten deutsche
Familien eingeliefert und nochmals durchsucht und tschechisches Geld, etwas
Hausrat, auch Lebensmittel konfisziert. Sobald mindestens 1200 Personen
anwesend waren, wurde ein Eisenbahnzug bereitgestellt und jeder der 40
Güterwagen mit 30 Personen und Hausrat beladen, wobei noch Platz zum Sitzen
und Schlafen bleiben mußte. Die Fahrt ging über Budweis , Pilzen, Furth i. Wald, Regensburg nach
Pfarrkirchen. Nach Lageraufenthalt wurden wir in Bauerndörfer verfrachtet.
Wünsche der Vertriebenen wurden nicht berücksichtigt. Die Bürgermeister waren
bestrebt ihren Bauer Hilfskräfte anzubieten. Wie freudig wir aufgenommen
wurden, merkten wir durch die hämischen Bemerkungen die uns zuteil wurden und die wir überhören mussten, bald. Wir
lebten nun unter Deutschen, fühlten uns aber als Fremdlinge. Erst nach Jahren
wurden wir anerkannt. ........................
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