Geschichte der Vertreibung aus Mähren im heutigen Tschechien

Es betrifft hier die Orte Dobischwald, Milbes, Liebenthal und Bärn

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Die Vertreibung der Familien: Olbrich, Losert, Jordan, Richter u.a.

Zeitzeugenbericht von Traudl Munz, geb. Olbrich


Heimatorte: Familie Olbrich in Dobischwald, Fam. Jordan und Losert in Milbes, die Fam. Rudolf Richter in Liebenthal und die Fam. Franz Richter in Bärn. Wissenswertes: Die Landschaft um die genannten Orte nannte man auch das "Kuhländchen" - Die tschechische Bezeichnung Kravarsko leitet sich vom Adelsgeschlecht Krawarn ab, die in der Gegend umfangreichen Besitz hatten, während die deutsche Übersetzung von Kráva = Kuh abgeleitet wurde.


Ankunft in Heuchlingen

Am 25. Oktober 1946 kommen die oben genannten Familien nach Heuchlingen. Sie zählen 21 Personen und werden im Saal der Gasstätte "Krone" einquartiert.


Die Familie Olbrich

Olbrich Albertine, geb. Jordan, Witwe, 1909-1996 mit Sohn Edwin, 1936-1972 und der Tochter Gertraude-(Traudl). Der Vater Wilhelm Olbrich, *1910, ist im Jahr 1945 gefallen.
Die Großeltern Jordan - mütterlicherseits, lebten in Milbes, etwa 10 km westlich von Dobischwald gelegen.

Wohnstätten in Heuchlingen: Die Wohnstätten der Olbrich sind am Ende des Berichts näher vermerkt.

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Geschichte der Vertreibung aus Dobischwald, Milbes, Liebenthal und Bärn
entnommen aus dem "Unsere Heimatvertriebenen" von Michael Böhm.

Im Frühjahr 1946 erließ die Bezirksbehörde in Bärn nachstehenden Aussiedlungsbefehl
stark gekürzt:

Hiervon werden Sie mit der Aufforderung verständigt, sich selbst und Ihre Familie binnen 48 Stunden nach Zustellung dieses Bescheids zwecks Überführung in das Sammellager vorzubereiten. Es ist deshalb nötig, ein Gepäck für Sie und ihre Familienmitglieder im Gewicht von 50 Kg für jede Person, Lebensmittel für 7 Tage, welche dem Verderben nicht unterliegen, vorzubereiten. Außer diesem Gepäck haben Sie ein kleines Handgpäck mitzunehmen, in welchem sich alle Personalausweise wie Taufschein, Heimatschein ... usw., weiter Handtuch, Seife und übrige Toilettengegenstände, Eßschüssel, Besteck u.ä. zu befinden haben. .........Jede einzelne Person muß ordentlich angezogen und mit gutem Schuhwerk ausgerüstet sein und eine Decke mithaben. Beim Verlassen der Wohnung zwecks Erscheinen auf dem Sammelplatz sind Sie verpflichtet, sämtliche von Ihnen bewohnten Haus - und Raumeingänge mit einem Schlüssel zu schließen. Sie sind verpflichtet die Schlüsselöffnungen mit einem Papierstreifen in der Weise zu überkleben, dass die Türen ohne Verletzung dieses Streifen nicht geöffnet werden können. Diese Streifen sind mit Ihrem Namen zu versehen. Die Schlüssel der Wohnung sind ordentlich gebunden und mit Namen und Adresse versehen an die Sammelstelle mitzubringen. ... Nichtbefolgung, Vernichtung oder Verheimlichung des zur Übergabe bestimmten Vermögens .... usw. werden streng geahndet. ........... Gegen diese Maßnahme über Ihren Abschub und der Ihrer Familie ist keine Berufung möglich --- ………….. gezeichnet ..........

 

Die Ausweisungen

Am Palmsonntag, dem 14. April 1946, kamen die ersten deutschen Bewohner anhand der Aussied-lungsbefehle zur Ausweisung. Lastwagen brachten 450 Personen aus dem Umfeld mit dem erlaubten Gepäck in das Barackenlager nach Bärn. In den Arbeitsdienstbaracken wurde die mitgenommene Habe nochmals von der Aussiedlerkommision gründlich überprüft. Bei Stichproben wurden einzelne Personen einer strengen Leibesvisitation unterzogen. Wertvolle Sachen, neue Kleider, Schuhe und Kleiderstoffe wurden häufig wieder weggenommen. Im Bahnhof Bärn zusammengestellte Güterzüge- Viehwaggons mit je 30 Personen, brachten diesen ersten Ausweisungstranport über Böhmisch- Trübau, Prag und Futh i.W. über die Grenze nach Deutschland- in ein Sammellager zur weiteren Verteilung. Alle hatten zuvor das Elterngrab besucht und gleichseitig Abschied genommen. Viele haben sich in der Kirche nach dem Empfang der Sakramente den Segen geholt. Einige haben auch ein Päckchen Heimaterde vom Familiengrab oder der eigenen Scholle mitgenommen. Viele waren froh, den bisherigen Drangsalierungen zu entgehen und zogen frohgemut fort in der Meinung, drüben im Reich bei den deutschen Brüdern Verständnis, gute Aufnahme und eine zweite Heimat zu finden. Freilich gab es nach der Ankunft dort dann manche Enttäuschung.

Mit dem zweiten und dritten Transport traten immer wieder Schwierigkeiten auf, weil die Tschechen immer wieder Arbeiten verlangten, die von den verblieben Deutschen noch vorher erledigt werden sollten. So mußte der Mühlgraben ausgeputzt, der Sportplatz hergerichtet, Rasen abgetragen und Erdreich planiert werden.

Als an die Leute bereits die Aussiedlungsscheine ausgehändigt wurden, machte der tschechische Sekretär Schramek noch zur Aufgabe, die Straßen zu kehren und die Wasserleitung im Schulhof aufzugraben. .. ... Kommentar ?

Vom Lager Bärn aus erfolgten nun bis zum 29. Oktober 1946 insgesamt 10 Transporte. Dabei wurden ca. 2155 Personen aus Liebau aufgewiesen. Anmerkung hierzu: Die Zeitzeugin Frau Maria Weil, geb. Losert hat hier nur das Städtchen Liebau erfaßt. Jedoch kann für die umliegenden Orte, Dobischwald, Milbes und Liebnthal, derselbe Ablauf bei der Vertreibung angenommen werden.

Vertreibungsablauf der Familie Olbrich, Losert, Jordan und Richter
In kurzen Sätzen erzählt von Traudl Munz, geb. Olbrich. Dabei hat Traudl keine Details über Abfahrten, Ankünfte, Fahrtdauer, Auffanglager o.ä. mehr in Erinnerung. Sie war damals noch ein Kind von 6 Jahre. Und, es leben auch keine Verwandten oder Bekannten mehr, die Auskunft geben könnten.

Hier ihr Bericht

Wie sich die Ausweisung der Deutschen deutlich abzeichnete, faßte Mutter Olbrich den Entschluß, zu den Eltern in Milbes zu ziehen, in der Hoffnung, dass so die Familie wenigsten zusammengehalten werden könnte.

Wohl Ende September oder Anfang Oktober 1946, erhielten nun auch sie und die Großeltern Jordan den befürchteten Aussiedlungsbefehl, wie auch die Familie Losert und die beiden Richter-Familien. Innerhalb 48 Stunden mussten sie den anfangs erwähnten Anweisungen entsprechend sich zum Abtransport bereitmachen. Auf Lastwagen wurden sie nun ebenfalls zum Bahnhof Bärn in das dortige Sammellager transportiert und - nach den beschriebenen Überprüfungen und Schikanen im Sammellager, in Gruppen zu je 30 Personen in die zusammengestelltem Viehwaggons verladen und auf dem bereits beschriebenen Weg über die Grenze nach Furth i.W. transportiert. In Futh i.W. war ein großes Auffanglager eingerichtet von dem aus die Verteilung der Vertrieben in den ganzen süddeutschen Raum geplant und koordiniert wurde.

 

Ankunft in Schwäbisch Gmünd im Oktober 1946

Wie schon erwähnt, hat Traudl M. über die Fahrt von Furth i.W. Nach Schwäbisch Gmünd keine Erinnerung mehr. Auch nicht über das Flüchtlingssammellager dort. Sie hat dabei dunkel ein Hallenbad oder eine Halle-Saal in Erinnerung. Sie weiß nur, dass sie abgeduscht und gegen Läuse eingepudert wurde. Auch eine Spritze in die Brust ist noch fest in ihr eingeprägt. (Es muß sehr weh getan haben, dass die Erinnerung daran nach so langer Zeit noch so lebhaft in ihr geblieben ist)

Nach wenigen Tagen im Sammellager wurde die Gruppe ein weiteres in den Zug verladen. Die Fahrt endete auf dem Bahnhof in Mögglingen. Auch über den Empfang dort ist kein Wissen mehr vorhanden. Mögglingen war aber noch nicht die Endstation. Die ganze Gruppe mußte wieder einen Lastwagen besteigen zur nun letzten Fahrt - nach Heuchlingen.

Neu Heimat in Heuchlingen

Der Lastwagen machte vor dem Gasthaus Krone Halt. Dort im Saal waren Strohlager und Decken bereitgelegt, wo unsere Familien aus dem "Kuhländchen" ihre nun letzte Notunterkunft fand. Nach wenigen Tagen wurden sie dann in die vorgesehenen Hauptquartiere eingewiesen.

21 Personen zogen an diesem 25. Oktober 1946 in den Krone-Saal. Die Fam. Olbrich m. 3 Pers. Die Fam. Jordan m. 7 Pers., die Fam. Losert m. 2 Pers. die Fam. Rudolf Richter mit 3 Pers. und die Fam. Franz Richter mit 6 Personen.

Die Wohnstätten der Familie Olbrich. Traudel Munz, geb. Olbrich nennt folgende Wohnungen und Wohndauer:
1. Bernhard Wöller-Schuhfrieder ca. 1o Monate;
2. Anton Waibel an der Schechinger Str. ca. 1 Jahr;  
3. Michael Grau in der Küfergasse 7 Jahre und
4. Anton Lutz in der Küfergasse ebenfalls 7 Jahre.
Anf. der 1960er Jahre bauen Traudl und ihr Mann ein neues Wohnhaus und ziehen zusammen mit ihrer Mutter und dem Bruder dort ein.
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