Armut und Hungersnöte auch in
Heuchlingen
Josef
Ohnewald schreibt
in seinen Tagebuchaufzeichnungen immer wieder von Missernten und Hungersnöten
während der Zeit seines Wirken in Heuchlingen - (1811-1856)
"Die Dörfer hier in der Region litten unter den Einquartierungen
und Durchmärschen verschiedener Truppen. Diese Truppen mussten mit Essen,
Lebensmitteln, Futter und Material versorgt werden. Die Häuser waren
wiederholt mit Söldnern und Offizieren stark belegt. Es geschahen Plünderungen
und körperliche Übergriffe. Getreidefelder und Dorfeinrichtungen wurden
verwüstet. 1796 heißt es z.B. „….
das Dorf wurde regelrecht ausgeplündert.“
In den folgenden Jahren 1811-1817
verschlimmerte sich die Lage durch Missernten und katastrophaler
Wetterverhältnisse immer mehr. Eine starke Teuerung setzte ein, Vieh musste
notgeschlachtet werden. „Die
Menschen aßen Gras.... „ Die Gemeinde und die Pfarrei waren
völlig verarmt.
Ein
großer Teil der Bevölkerung von Heuchlingen lebte im
19. Jh.in sehr ärmlichen Verhältnissen. Die Gemeinde konnte
der Armut zeitweise nicht mehr gerecht werden und wurde, wenn auch nur
kurze Zeit, unter staatliche Vormundschaft gestellt. Ähnlich wie
in manchen Nachbarorten verdienten auch in Heuchlingen nicht wenige
Familienväter ihren Unterhalt als Händler, Wannenmacher, Weber,
Jäger, Hirten und Schäfer, oder als Maurer, Wagner, Schuster
und Schneider auf der Stör oder als Tagelöhner ihren Lebensunterhalt.
Diese Not zieht sich
dann auch, wie ein roter Faden, durch die Protokolle des Kirchenkonvents
der Pfarrkirche Heuchlingen
...............................
Allmosenwesen
in Heuchlingen, dargestellt
nach den Eintragungen in den
Kirchenkonventsprotokollen in Heuchlingen.
Protokoll
Teil I , vom 24. Febr. 1817 bis 9.März 1829.
-------- dabei zieht sich ein ganz wichtiger Aspekt wie ein
roter Faden durch das Protokoll: die Armut im Ort und ihre Bekämpfung.
Auszüge aus dem Kirchenkonventsprotokoll
von Heuchlingen.
Die Auszüge beschränken sich hier auf das Armenwesen.
Protokoll
vom 24 Febr.1817.
Erste
Zusammenkunft einen Monat nach Bekanntgabe
der königlichen Verordnung
vom 15.1.1817
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Bei Abhaltung
des Kirchenkonvents waren heute zugegen:
Pfarrer Joh. Frz. Mühleisen.
Schultheiß Trettner.
Bürgermeister Bernhard Rick.
Die Richter (Dorfrichter) Friedrich Ottenbacher und Valentin Lang. Die Bürgermeister Vitus Funk von
hier und Andreas Vogt von Holzleuten waren kränklichter Umstände halber
abwesend.
Verhandelt
1. Pu……....
2. Pu. ……...... allgem. Vorkommnisse
3. Pu.: Hat man sich über die Unterstützung der
Armen besprochen ** Darüber ward
beschlossen, mit Einsammlung der freiwilligen Beiträge wöchentlich
fortzufahren, und den Armen täglich Suppe auszuteilen.
|
**Anhang hierzu:
die Theürung hatte schon 1816 vor der Ernte angefangen. Die
Ernte wurde wegen häufigen Regen sehr verspätet, noch an "Michaeli"
(29. Sept.) führte man hier Korngarben ein. Es gab erstaunlich
viel Unkraut, und wenig Frucht. Das Mehl war gut, gab aber auch
wenig. Das zwi
Kern kostete 5 fl. und darüber. Rocken 4 fl.,
Haber 1 fl., 12 xr., Wicken 2 fl.,
Erbsen 4 fl., 6 ff (?) Brot 1 fl.
Den 4. März wurden hier 18 Scheffel (100 - 140 lt. p. Sch.)
halb Waizen u. halb Rocken geliefert.
Kaufleute von Stuttgart kauften diese Frucht in Rußland, das zwi kommt
hier über 4 fl., 30 xr.,
und muß in einem Jahr mit Zins bezahlt
werden. - gez. Joh. Frz. Mühleisen, Pfarrer.
------- Erläuterung: Zwi Kern, (besser Zwi - Korn) ist
eine Weizenart , oder eine zweiblühtige
Ähre = Zweikorn genannt.
………..
|
Protokoll
24.
Apr. 1817
|
beym
heutigen Kirchenkonvents waren zugegen: wie
vor genannnt..
2.
Pu:
kommen wir überein, noch einen Polizeidiener aufzustellen, um
den Gassenbettel fremder Bettler zu verhindern. gez.
J. Frz. Mühleisen, Pfarrer.
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26. Mai 1817
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Bespr. Punkt: Unterstützung
der Armen, theils durch Straßenbau
(also Arbeiten i. d. Gemeinde), theils
durch Austeilung von Almosen.
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22. Juni 1817
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Bespr. Punkt: Unterstützung der Armen, daß 95 fl. aus der Notdurftskasse
von Ellwangen sollte Frucht gekauft, diese gemahlen, u. verhältnismäßig
ausgeteilt werden.
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13. Juli 1817
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Bespr. Punkt: Unterstützung der Armen. Hier:
die freiwilligen Beiträge für die
Armen sind auch bei dem besten Willen bei vielen nur noch gering,
bei vielen hören sie ganz auf; so sollen bis auf die Erntezeit
die 3 Hilfesbedürftigsten Armen umgespeiset
werden.
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24. Aug. 1817
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Punkt
1: Unterstützung für die Armen:
Joseph Grießer, Joseph Krehwedel,
Rosina Mangold und Magdalena Schierle.
Pu. 2: ... Pu.
3 .......
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18. Jan.
1818
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In d. heut. Kirch. Konv. ward beschlossen, dass
die Ortsarmen wegen ihrer Unzufriedenheit wöchentlich 2
mal am Mittwoch u. Samstag ihr Almosen selbst einsammeln sollen. Der Polizeidiener wurde strengsten in Auftrag gegeben,
die fremden Bettler abzuweisen.
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8. Febr.
1818
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In d.
heutigen Ki. Konv.
wurde in Hinsicht der Armen Verpflegung beschlossen:
1. Die Gemeinde soll zusammengerufen
werden, u. jeder Bürger soll freiwillig bestimmt angeben, was
er wöchentlich für die Ortsarmen abgeben wolle.
2. Diese freiwilligen Gaben sollen von dem Polizeidiener eingesammelt
und,
3. dem Johann Kuhn "Dittenbauer" zur Austeilung
unter die Armen übergeben werden.
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25. März
1818
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Weil sowohl hier, als i. d. ganzen Nachbarschaft wider den Gassenbettel nicht genug
Schärfe angewendet worden ist, so wurde die wöchentliche Abgabe
an die Ortsarmen immer geringer.
Der Kirchen Konvent fand
es daher für gut, die Ortsarmen ihr Almosen wöchentlich 2
mal wieder selbst sammeln zu lassen.
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12. April
1818
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...... Auch
wurde heute dem Armenverein 12
fl. aus der Verlassenschaft des ehemaligen Schmelzverwalters
Högg von Wasseralfingen übergeben und
unter die Hausarmen verteilt
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24. Juni
1818
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In d. heutigen Ki.
Konvent wurde beschlossen: der Armenverwaltung in Ellwangen folgende Armen zum
Almosen vorzuschlagen, nämlich: Anton Weber, Josef Grießer,
Josef Krehwedel, Rosina Mangold u. Magdalena Schierle.
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26. Juli
1818
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In dem heutigen
Ki. Konvent ist
dem Polizeidiener schärfere Aufsicht auf den Gassenbettel eingeschärft
worden.
Auch erhielten wir v. Ellwangen die Nachricht, daß Anton Weber, der blödsinnige Knab des Anton Weber vom Mederhof, in das Almosen jährlich
zu 9 fl. sei aufgenommen worden.
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25. Nov.
1818
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In dem heutigen Ki.
Konvent wurde beschlossen: die 200
fl. welche die hiesigen Armen von Ellwangen erhalten haben,
zur Bezahlung der russischen Früchten
zu verwenden., welche unter die Armen
1817 verteilt worden.
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21. Dez.
1818
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In dem heutigen Ki.
Konvent trug ich darauf an, daß die hiesigen Armen nicht selbst von Haus zu
Haus wöchentlich 2 mal ihr Almosen
sammeln sollen, sondern daß wöchentlich
durch die Polizei für sie sollte gesammelt, u. dann ausgetheilt
werden. Weil
aber weder von den Armen, noch von der übrigen Bürgerschaft
eine Klage eingegangen ist, so glaubten die Ki. Konv. Mitglieder man solle
es noch beim ersten bewenden lassen.
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14. Febr.
1819
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Da
noch 7 fl. für die Armen bei Bürgermeister Ohnewald in der Kasse
waren, so kamen die Ki.- Konv. Mitglieder überein,
selbe dem Anton Ohnewald, welcher samt seinem Weib und
größeren Tochter am hitzigen Fieber krank lag, zukommen zu lassen.
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2. Mai
1819
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Heute ward ein Durchgang
über die hiesigen Ortsarmen gehalten, u. nach dem Grad ihrer
Armut erhielten sie Anteil an den von der "Notdurftskasse"
bewilligten 200 fl. in Ellwangen: welcher Anteil zur Bezahlung
der russischen Früchte verwendet wurden, welche 1817 an die
Armen verteilt wurden.
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8. Aug.
1819
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Heute wurde durch das Kirchen Konvent
die von dem Bürgermeister Ohnewald gemachte Zuteilung
des noch übrigen Geldes für die Armen aus der "Notdurftskasse"
in Ellwangen begnehmiget
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10. Okt.
1819
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In
dem heutigen Ki. Konvent habe ich die von der Königl.-
Armen- Kommission vorgeschriebenen 40 Fragen beantwortet zur
Untersuchung und zum Unterschreiben vorgelegt.
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4. April
1820
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In dem heutigen Ki.
Konv. kam man überein, das
Schulgeld für 5. arme Kinder aus der Gemeindekasse zu bezahlen,
weil der Schulfond in Ellwangen nur für 8. Kinder Bezahlung
übernehmen. (dh. ab dem 8. Kind)
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3. Sept.
1820
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Von
dem K. Oberamt Aalen erging an die hiesige Local-
Armen- Leitung der Wunsch, daß ein
gewisser jährlicher Tax für diejenigen bestimmt werden möchte,
welche Haushunde halten, und daß die Summe für die Armen verwendet werden solle. Wir
bestimmten jährlich 32 xr. für jeden
Hund zu bezahlen.
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4. März
1821
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Auf den auf ein neues überhandnehmenden Gassenbettel wurde heute dem Polizeidiener
wieder schärfere Aufsicht empfohlen.
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1. Apr.1821
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Im heutigen Ki.
Konv. wurde aus erheblichen Gründen
bestimmt: daß in Zukunft wöchentlich nur einmal für die Armen das
Almosen soll gesammelt werden.
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21. Nov.
1822
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Im heutigen Ki.
Konvent wurde der Gertrud Stadelmaier ein scharfer Verweiß
gegeben, daß sie ihr 2 schulpflichtigen
Kinder einmal in die Schule schickt: auf
ihre unstatthafte Entschuldigung, daß
sie Selbe auf den Bettel schicken müßte,
indem sie aus Abgang des nötigen Apparats mit Wollenspinnen
nichts verdienen könne, so wurde ihr auf Kosten der Gemeindepflege
das nötige angeschaffet.
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3. Aug.
1823
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Heute wurde die
Anzeige gemacht, daß in vorigen Jahren öfters aus den Gärten Obst gestohlen
worden sei. Hierüber wurde beschlossen, daß
der Pfarrer über diesen Gegenstand am künftigen Sonntag Christliche
Lehr halten, und der Schultheiß der Gemeinde bekannt machen
soll: dass, wenn Kinder
auf einem Gartendiebstahl betroffen werden, dieselbe in der
Schule scharf gezüchtigt werden, die Erwachsenen hingegen
mit einer beschämenden Strafe belegt werden sollen
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28. Okt.
1826
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Im heutigen Ki.
Konvent beratete man sich über die
"Höggische Armenstiftung". Nämlich Schmelzverwalter
Högg bestimmte in seinem Testament für die Armen in Heuchlingen,
Abtsgmünd, Wasseralfingen, Unterkochen und ...
eine Summe Geld, wovon für Heuchlingen
184 fl. traf. 12 fl.
erhielten davon die Armen im teuren Jahr 1817, das Übrige, 172
fl., wurde ohnlängst dem
hiesigen Stiftungsrat übergeben. Man beschloß
daher, dieses Geld an Zins zu legen, und den jährlichen Zins
an die Armen zu verteilen. Dieser Beschluß
wurde von dem gemeinschäftlichen Oberamt
genehmigt.
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11. Nov.
1826
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Zur Ausbesserung des ganz
baufälligen Hauses des Anton Bihlmaier des sogenannten Steffelis sind endlich nach vielen Bemühungen und Ausschreibungen
des Ober- und Pfarramts von einigen Stiftungs- und Kommun Pflegen
in 20 fl. u. 18 xr. als milde Beiträge
eingegangen. Im heutigen Kirchenkonvent wurde beschlossen, diese
Summe auf den Verdienst des Maurers und d. Zimmerleute zu verwenden.
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11. Nov.
1827
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Im heutigen Ki. Konvent wurde dem Gemeindepfleger aufgetragen, zwei
arme Kinder, welche die Gemeinde zu verpflegen hat, mit Schuhen
und anderen Kleidungsstücken zu versehen, damit sie die Winterschule
besuchen können.
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