Die Molkerei Heuchlingen - Haus Nr. 115  n.d. Pr. Kat.

Die wirtschaftlichen Zustände auf dem Land in den ersten beiden Drittel des
19. Jahrhunderts.

Auswertungen von Kaufbücher in Heuchlingen
aus dem 19. Jahrhundert zeigen bei den einzelnen Bauernanwesen auf einen nur geringen Milchviehbestand. Kaum ein Bauer hatte mehr als drei bis 4 Kühe, dazu 2 bis 3 Paar Ochsen als Zugvieh.
Pferde galten als unnütze Fresser und wurden nur von zwei oder 3 größeren Bauern gehalten. Die Zustände zeigen auch die beiden nachstehenden Beispiele:

Im Febr. 1838
verkauft Friedrich Bäuerle an seinen led. Sohn Bernhard Bäuerle sein Anwesen Haus 74 - "Mertisbauer" am Kirchberg, für die Sa. von 2850 fl. In den Kauf gehen 10 Stiere, 1 Kuh, 5 Schmalvieh. An Feldstücken sind ca. 26 Morgen vermerkt, bestehend aus Garten, Wiesen, Acker und Bürgerteile.


Im Nov. 1850
verkauft Michael Hasenmaier das Hofanwesen Haus 23 - "Schneiderbauer", in der Käfergasse an seine Tochter Rosina und deren Bräutigam Michael Knödler v. Holz-leuten für die Sa. von 4500 fl. An Dreingaben gehen: 4 Stiere, 3 Kühe, 3 St. Schmalvieh und 2 Schweine, bei ca . 20 Mrg. Garten, Wiesen, Acker und Bürgerteile.

Praktisch jeder Seldner und Handwerker oder auch Häusler hatten mindestens eine Kuh im Stall, im letzteren Falle zumindest 2 oder 3 Ziegen. Die Eigenversorgung mit Milchprodukten war damit gesichert. Ein Teil der überschüssigen Milchprodukte wurde teilweise jeweils vor Ort gekäsert, gebuttert und vermarktet oder zum Dorfkäser und Dorfkrämer gebracht. Es sei an den Namen Becka-Käser, 1854 im Haus 47
- das spät. Radanwesen in der Vorstatt, erinnert,
oder an den "Käser Hirsch" im Haus 81. Hier ist vermerkt: "Nach der Firmung in Hohenstadt am 13. Sept. 1893, abends um ¾  5 Uhr, kam der hochwürdige Bischof nach Heuchlingen und wurde am Hause des  "Käsers"  Hirsch von der Pfarrgemeinde empfangen".

Wirtschaftlicher Wandel.
Im letzten Drittel des 19. Jh. setzte auch in unserem Raum eine allmähliche Industriealisierung ein. 1885 fuhr in Cannstadt das erste Motorrad und 1868 das erste Auto der Welt. Die Auto-industrie entstand. 1861 fuhr die erste Eisenbahn von Stuttgart nach Aalen. Es entstanden nun vermehrt Industrie - und industrieähnliche Betriebe auch in Gmünd und Aalen. Die königlichen Hüttenwerke in Wasseralfingen standen in voller Blüte. In deren Folge nun stieg auch die Bevöl-kerung in den Städten (Stgt., Gmünd, Aalen u.a) kontinuierlich, damit stieg nun auch der Bedarf an Milchprodukten in den Städten stark. Milch und Milchprodukte wurde zur Mangelware. Das heißt, die Milcherzeugung musste erhöht, die Milchviehbestände mussten aufgestockt werden. Dies alles erforderte eine völlig neue Milchvermarktung. Landauf und landab wurden jetzt in den Dörfern
Molkereien und Molkereigenossenschaften gegründet.

Die Situation in Heuchlingen
Um 1890
wurde auch in Heuchlingen eine zentrale Milchabgabestelle, eine Molkerei einge-richtet. Die Zeit der Eigenverwertung und Vermarktung ging zu Ende. Nun konnte die täglich am Morgen und am Abend handgemolkene frische Milch, zunächst zur Entrahmung, später zur Kühlung und Vollmilchabgabe abgeliefert werden. Ein großer Fortschritt damals und ein nicht geringer, ja wichtiger Zuverdienst für die Bauern und Landwirte.
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Das Ende. Der Fortschritt schritt rasch voran. Diese genossenschaftliche Milchverwertung dauerte dann auch nur knappe 80 Jahre. Diese Art der Milchvermarktung - Molkereisam-melstellen und Milchabfuhr, wurde Anfang der 1970er Jahre eingestellt - z. Tl. auch als eine Folge verschärfter Hygiene-Vorschriften. Dies bedeutete dann vollends schnell das Aus für den Kleinbauern. Die größeren Bauern stockten ihre Milchviehbestände immer mehr auf. Melkroboter kamen zum Einsatz. Im Zweitagerhythmus holte nun - wohl schon ab mitte der 1970er Jahre, ein Tankfahrzeug die Milch direkt auf dem Hof des Bauern ab - Milchabholer hierbei war zuletzt wieder die Fa. Lang von Leinroden. ------
Eine Ära ging zu Ende ----
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Auf dem Bild
Die 1890
erbaute Molke am Küferbach mit dem angebauten Maschinenhaus für die Dampfmaschine.
Mit dem hier erzeugten Heißdampf wurde die Milch keimfrei erhitzt, Zentri-fugen, Rührgeräte u.a. Masch. angetrieben.
Die Dampfmaschine, besser die Dampfkraft, diente außerdem zur  Reinigung der Einrichtungen und der Geräte. Später wurde die Milcherhitzung verboten. Jetzt mußte sie herunter gekühlt werden - so die Zeitzeugenaussagen. ----- Die Versorgung der neuen " Molke" mit Wasser erfolgte über eine Rohrleitung vom nahen Badbrunnen weg in das neue Molkehaus.
Wissenswertes hierzu: Um 2012 ließ D. Bopp in seinem Ziergarten neu gestaltete Blumenbeete anlegen. Dabei kamen alte Leitungsteile welche vom Badbrunnen weg zur Molke führten zu Tage. Es waren dies bereits Stahl-(oder Gußrohrteile) Es handelte sich hier sehr wahrscheinlich um die erste Versorgungsleitung zu "Molke". Qu. Jos. Ehmann.

Weitere Daten zur Einrichtung der "Molke":

1892: Schriftverkehr betr. sofortigen Erledigung des O/A.- Erlasses betr. Prüfung einer Dampfkesselanlage. Intern: Es gab wohl eine Vorgängeranlage zum D. Kessel aus 1896.


1896:
Prüfbericht zum neuen Dampfkessel, Marke: "Bergedorfer Eisenwerke Bergedorf" - 1896 - 6 Atm - Nr. 894, beigefügt die Urkunde der Baugenehmigung v. 30. Okt.1896

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Molkereigenossenschaft in Heuchlingen
Dem Bau der Molke am Käferbach wird sicher die Gründung der "Molkereigenossenschaft Heuchlingen" voraus gegangen sein. In dieser Genossenschaft wurde es für die Bauern jetzt möglich, ihre Milch gemeinsam zu zu verarbeiten und zu vermarkten. Vorher wurde, wie schon erwähnt, teilweise jeweils vor Ort gekäsert, gebuttert und vermarktet, oder die Produkte zum Dorfkrämer gebracht. Die angelieferten Milchmengen in die Molkerei betrugen - je n. Jahreszeit, 1000 bis 2000 lt am Tag. (so die Zeitzeugenaussagen v. H. Stegm., A. Knödler u.a.)

Als erster Vorstand
wurde Bürgermeister J. E. Stütz. gewählt. (J. E. Stütz hatte zu der Zeit noch 2- 3 Kühe im Stall - bis i.d. 1930er J.)

   

 

 

Die "Molke" am Käferbach um 1948.

 

 

Der Molke - Türstein - Schlußstein


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Die Milchabfuhr in Heuchlingen

Mit dem Bau des Milchwerkes in Schw. Gmünd wurde es möglich, von der entrahmten Milch den überschüssigen Rahm, u. dann die Milch selbst, in dieses Milchwerk abzuliefern.
Hierzu wurde zu Anfang wurde nur der *Rahm, später dann die gekühlte Vollmilch in 40- Literkannen nach Mögglingen zur Bahnstation gefahren *Die entrahmte Magermilch ging als Viehtränke aber auch als Nahrungsmittel zurück an die Milchlieferanten und Dorfbewohner.


Der erste Milchfahrer
war der Munzawägner. Er hatte ein "Berner-Wägele und a Gäule" - so Bruno Schierle. Auf diesen "Bernerwagen" nun wurde der mit der Zentrifuge gewonnenen Rahm geladen und zur Bahnstation nach Mögglingen - und zum Weitertransport nach Gmünd gefahren.

Als zweiter Transporteur
wirkte Josef Grimminger, der Schreiners Seff. Dieser fuhr - die jetzt nicht mehr entrahmte Milch, dann schon in genormten Kannen mit einem Pferdegespann zur Bahnstation und nahm im Gegenzug die vom Milchwerk Gmünd angefahrenen leeren Kannen zurück.

Mit dem Aufkommen von Lastwagen
ging diese Transportära dann zu Ende. Die Milch wurde mit dem LKW jetzt direkt von der "Molke" zum Milchwerk nach Schwäb. Gmünd gefahren.

Erster LKW- Transporteur wurde in den 1930er- Jahren der Theodor Lang v. Leinroden, allgemein nur der Rahm- Melker - schwäbisch "Raumelker", genannt. (Bruno Sch. , Jg.1926, erinnert sich als kleiner Bub mit 5 oder 6 Jahren zurück an die ersten Erscheinen des Molkelastwagen Lang mit seinem niederen Pritschenaufbau.)
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Bei einer Neuvergabe in den 50er-Nachkriegsjahren gab auch Eugen Schmied v. Hchl. um einen Transportzuschlag ein, kam mit seinem Angebot aber nicht zum Zug.
Angemerkt: Eugen Schmied hatte einen eigenen Lkw und erbrachte allerlei Transportleistungen, wie sie in der Nachkriegs -u. Aufbauzeit erforderlich waren. (Fabrikgüter, Steinfuhren usw.) Später war E. S. dann Werkstattangestellter, Warenausfahrer und Cheffahrer bei Spießhofer in Heubach.

Der Transportzuschlag
ging jetzt (unter Vorbeh.) an die Fa Kochendörfer v. Mögglingen. (in die Fa. Kochendörfer heiratete später ein "Lang" ein- Kochendörfer wurde z. Fa. "Lang")

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Die letzte Fahrt:
Um 1970 wurde der Molkereibetrieb in Heuchlingen eingestellt.

Hierzu kann vielleicht noch erwähnt werden: mit dem Einsatz der Tankfahrzeuge und auch durch verschärfte Hygiene- Vorschriften wurde in den letzten Jahren des Molkereibetriebs die Milch in einer ca. 3000 lt Wanne in der "Molke" herabgekühlt gesammelt und vom Tankwagen zum Weitertransport abgesaugt.

Nach dem endgültigen Aus wurde die Milch - einige Jahre lang, von den Milchbauern in fahrbaren Kühlkannen gelagert und einmal am Tag an einen Sammelplatz gefahren, wo die Milch dann vom Tankfahrzeug abgepumpt wurde. Danach wiederum wurde die Milch direkt beim Erzeuger abgeholt - wie weiter oben schon erwähnt.
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Um 1975 / 76 geht die Molkerei in den Besitz von Josef Ehmann über. Zunächst wurde das Gebäude eine Zeitlang als Wohnung genutzt. Heute ist sie zur Garage umgebaut.

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Die Vorstände der Molkereigenossenschaft in Heuchlingen: Qu.: Anton Knödler und Franz Vogt nach mündlichen Überlieferungen.
1. Johannes Ev. Stütz, Bauer, Postagent und Schultheiß. -Gründungs - Vorstand- (n. A. Knödler)
2. Anton Wöller "Dürrenbauer"(s. Unterschrift a. Seite 3)
3. Ludwig Knödler, "Schneidersbauer". || Rechner: Röhrle Johannes.(u.a.)
4. Georg Knödler, "Schneiderbauer"
5. Hugo Vogt, "Zergenschwarz"
6. Franz Schwarz, "Pfeard`s Franz"

Die Molkehalter am Küferbach in Heuchlingen :
1. Johannes Stäb, "der alte Molker" und Hans Stäb, Molkereiwärter. Hausname: "Molkers"
2. Waibel Fritz. = " Kauza Fritz"
3. Waidmann Xaver. = "Keartwilhelma Xaver"
4. Hägele Anton. = " Grießers Done"-
5. Steeb Stefani, Ehefrau v.  Anton  Steeb, Wagner u. Postzusteller.

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Ende der Dampfära - Akte vom 15. Dezember 1903:

Die " Centrifugen - Molkerei - Genossenschaft - Heuchlingen" meldet betreff Einstellung der regelmäßigen Revisionen, an den "Württemb. Dampfkessel - Revisionsverein" in Stuttg. die Stillegung und d. Verkauf der Dampfkesselanlage. Die "Dampfbetrieb - Maschine" wurde nach Stuttgart  verkauft. --- Qu. St. Arch. Ludw.burg.

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Die Molkerei in Heuchlingen - ein Haus-Schnitt aus dem Jahr 1896

siehe nachsteh. Darstellung

 

 

 

Wissenswertes zum Thema Molkereigenossenschaften.


Beispielhaft hier die Verhältnisse in Eschach - s. nachsteh.

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