Die Lein im Sommer ---- oder Baden in der Lein

Baden in der Lein - eine alte Tradition - nicht immer unproblematisch.

Es kann leicht angenommen werden, dass  die Lein in Heuchlingen in den Sommermonaten schon immer ein großer Aufenthaltsort für die  Schulkinder und größeren Kinder gewesen ist - weniger vielleicht für die schon aus der Schule entlassenen Kinder (13-14 J.) und jungen Erwachsenen, soweit es deren streng geregelter Arbeitsalltag zugelassen hat.  Für das Badevergnügen bot die Lein viele lauschige Stellen und Plätze - für jeden Ortsteil Einen. 
Nun stellte - je nach der vorherrschenden Moralvorstellung in den verschiedenen Zeit-Epochen, dieses  Badevergnügen für die Dorfverantwortlichen offensichtlich immer wieder auch als Problem dar, wie die nachstehenden Ausführungen zeigen.

Aus dem Kirchenkonvent, verhandelt am:

13. Juni 1819 - Heute wurde das Baden in dem sogenannten "Roßgumpen" verboten. Gez...

6. Mai 1821: Weil durch den Eisgang im Frühjahr einige gefährlichen Stellen in der Lein entstanden waren, so wurde das Baden daselbst verboten. Gez. .......

8. Juni 1828: …. hat man wahrgenommen, daß die Knaben, während die Mädchen zuschauen, in der Lein, welche mitten durch den hiesigen Ort fließt, ungeniert baden. Da dieses der Ehrbarkeit zuwider ist, u. nachteilige Folgen haben muß, so wurde beschlossen: das Baden im Orte, u. an allen Plätzen wo allgemeine Wege vorbeigehen von der Kanzel aus gänzlich zu verbieten u. den Eltern zu raten, ihre Kinder nur unter ihrer Aufsicht baden zu lassen. Dem Schultheißenamt wurde der Auftrag gegeben über diese Maßnahme künftig zu wachen. Gez.: -Seibold; Trettner; Ohnewald; Ilg.

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Baden in der Lein - Sprung in das 20. Jahrhundert.

Das eingangs geschilderte Sommer-Badevergnügen in Heuchlingen hat sich bis in die  zweite Hälfte des 20. Jh. hinein fortgesetzt.  Eine Steigerung und einen ersten Höhepunkt erfuhr dieses Badevergnügen durch Fördermaßnahmen des Schwimmsportes im dritten Reich – näheres dazu an anderer Stelle. Einen zweiten Höhepunkt erlebte der Badespaß  dann mit dem Ankommen der ersten Heimatvertriebenen und Flüchtlingen im Ort. Heuchlingen  erfuhr dadurch einen starken Anstieg der Dorfbevölkerung - besonders an Kindern und Jugendlichen. Wohnungen mussten dringend geschaffen werden. Die ersten Häuser wurden gebaut, die ersten Siedlungen im Ort entstanden.

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An der Lein bildeten sich im Sommer für die - wie gesagt, besonders nach dem Krieg, zahlreichen Kinder, neben der Haupt-Badestelle "Waage", für jedes einzelne Dorfviertel eigene Treffpunkte. Die Kinder v. Mäderhof trafen sich - zusammen mit Horner Kindern- unten an der Einmündung des *Birkhofbaches in die Lein , die jungen Leute vom Schlossberg und der Küfergasse am *Sandstein und die Kinder der linken Dorfseite am *Sichenbacheinlauf. Holzleuten wiederum hatte seinen bevorzugten Badeplatz weiter entfernt am Ende der "Müllers - Leinwiese" beim Starenwald - *siehe Link ganz rechts (der Mäderhof ist hier nicht mehr a. d. Bild)

Die Lein war jetzt für die Kinder des Dorfes -hauptsächlich der Buben- "das Zuhause". An allen Badestellen, sei es am Sandstein, dem Sichenbacheinlauf, der Waage oder unter der Brücke, sah man die Jungen (weniger die Mädchen) eifrig beschäftigt. Die weniger empfindlichen Knaben wühlten die Ufer ab, hoben größere Steine ab, um "Gruggeler" zu fangen. Bei erfolgreichem Fang gab es dann immer ein Erfolgsgeschrei. Die andern Kinder wateten herbei um den Fund zu bestaunen, der danach wieder ins Wasser geworfen wurde. *Gruggeler, richtig "Grundler", waren kurze, etwas unförmige Fische mit großem Kopf - und kurzem Körperteil. Grundler gruben sich gerne unter den Wurzelstöcken im Uferschlamm und unter größeren Steinen im Wasser ein.

Zurück betrachtet war dieses Treiben der Kinder an und in der Lein für die Eltern in den Nachkriegsjahren eine Entlastung. Waren sie doch von quengelnden Kindern einen Nachmittag lang befreit und konnten ihrer Arbeit nachgehen. Heute würden die Eltern jedoch vor Angst und Sorge um die lieben Kleinen fast sterben, wäre dieses Sommertreiben noch im Brauch. (Die Lehrerinnen und anderes Aufsichtspersonal der Hchl. Schule fallen fast in Schnappatmung, wenn sie einige ihrer Schüler unter die Brücke gehen sehen. Entsetzter konnte vor 200 Jahren das Kirchenkonvent nicht gewesen sein, wenn sie badende Kinder mit nacktem Oberkörper in der Lein gesehen hatten.

Zum Glück gibt es noch einige Opas, die mit ihren Enkeln und Enkelinnen eine halbe Leinseite überqueren und ein-oder zweimal den **mittleren Brückenpfeiler umrunden - oder an anderen Leinzugängen in die Lein hinabsteigen und mit ihnen das Werfen mit flachen Steinen über das Wasser üben. ** wenn es die -mitunter ein halbes Jahr oder länger liegenden- angeschwemmten Holzteile zuslassen.

Nachvermerk: dabei ist dem Schreiber kein Badeunfall -oder Todesfall bekannt, der sich in den Sommermonaten beim Baden oder Herumtreiben an der Lein in seiner Zeit ereignet hätte - abgesehen von einem Vorfall in den 1940/50 er Jahren. Hier waren vorübergehend Baumstämme über den Mühlkanal abgelagert. Ein Junge balancierte über die Stämme, rutschte aus und fiel in den Kanal - er ertrank.) ------

 

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