Ein Freibad am Übergang der Lein zum Mühlkanal soll gebaut werden.


Weit zurückgeblättert:
Nach einer *Ellwanger Lehenurkunde verkaufte Konrad von Rechberg 1366 an seinen Vetter Wilhelm von Hohenrechberg Burg, Kirchensatz, Mühle, Badstube, zwei Gasthäuser, Maierhof und zwei weitere Höfe für 3475 fl.  Somit bestand Heuchlingen damals aus einer Mühle, °8 Bauernhöfen, °4 Halbbauernhöfen, °19 Lehnern und °28 Söldnern. (*Zuber S. 22- °und Daten aus 1600) )  Die Mühlen an der Lein wurden von unterschlägigen Mühlrädern angetrieben, so auch die Mühle in Heuchlingen. Zu diesem Zwecke wurde von der Lein weg ein Mühlkanal ausgehoben und zur Mühle geleitet. Nach dem Mühlen-Durchlauf mündete der Kanalablauf dann wieder in den natürlichen Leinfluß ein.

Darstellung der Leinumgebung bei der  Mühle in Heuchlingen -mit Ergänzungen- 

Bildlegenden
a: Umkleidehütten für Frauen und Männer - 1937 zusammen mit einer Liegewiese eingerichtet.

b: ebenfalls 1937 errichteter Holzsteg als Zugang zur Liegewiese u. U. Hütten. c: Sprungbrett vom Steganfang weg in die Waage (nach Erinnerg. v. O. Schmid i.
2019) d: Ablauf-Röhre hinunter zum alten Leinfluss (Katzenbach) Die Röhre war auf Leingrund-Niveau angebracht, mit einer mittels Ketten-winde angebrachten Absperrfalle. Zweck der Falle - zusammen mit den Mühlwehren- vollständiger Ablass und Trockenlegung des Mühlkanals zwecks Wartungsarbeiten an den Mühlwehren (alle 2-3 J.)
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Abgeschweift.
Der Mühlkanal.
Einstmals - im 19. ( u. wohl schonfrüher) bis ins letzte viertel des 20. Jh.- hatte der Mühlkanal 3 Wehre- oder Überläufe. Einmal das unregulierte Überlauf- Wehr ca. 150 Meter westlich der Mühle an der "Waage" (trat bei Hochwasser in Funktion). Dann das Mittelwehr und die beiden Mühlwehre /Fallen bei der Mühle. Das seitliche Ablaufwehr bei der Mühle bildete eine ca 3 - 4 m breite Falle aus ~ 6 cm dicken zusammen geklammerten Eichenbohlen, im Sprachgebrauch "Falle" genannt. Sie konnte über eine Hebevorrichtungen jeweils gehoben oder gesenkt werden. Zum heben / senken der seitlichen Falle waren über eine dicke 8 eckige Längswelle Eisenketten geschlungen die an den Fallen-Bohlen befestig waren. Die beidseitig gelagerte Welle war an ihrem Ende mit Stecklöchern versehen. Mittels Steckhölzer/ Eisen konnte nun durch das drehen der Welle die Falle gehoben oder gesenkt werden - eine mühsame und gefährliche Arbeit, vor allem im Winter. Die Hauptfalle vor der "Radstube" - etwas schmäler, konnte über eine Art Winde mittels einer Kurbel bedient werden. Zum Mahlbetrieb nun wurde das seitliche Wehrtor geschlossen und das Hauptwehr geöffnet. Dadurch wurde das Kanalwasser dem Mühlrad in der "Radstube" zugeführt und dieses dadurch in die Drehbewegung gebracht. Bei Einstellung des Mahlbetriebes wurde umgekehrt das seitliche Ablaufwehrtor -die Leer-Falle, abgesenkt und die Hauptfalle geschlossen. Das Kanalwasser konnte seitlich in die unterhalb fließende Lein abfließen.
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Dammbruch am Mühlkanal. Um 1892 / 92 brach ein Stück des Kanaldammes etwa in halber Länge an seiner linken Seite. Das Wasser riß eine Schneise von mehreren Meter Breite in die seitliche Dammwand und floß unkontrolliert in den unteren Leinbereich ab. Die Bruchstelle wurde sodann mit Steinen aufgefüllt und kanalseitig mit einer Betonmauer abgedichtet. Hierbei ist vielleicht anzumerken: In der Urkarte von ca. 1840 ist bereits ein Mittelwehr markiert. Möglich ist jetzt, dass dieser Wehrbau nachgegeben hat und und von dem Wasserdruck dann vollends ausgeschwemmt wurde. Über dieses Mittelwehr war später dann ein - wenn auch nicht nicht ganz bequemer- Zugang zum späteren Bad und der Badewiese möglich. (nach Abbruch des Holzsteges über die Lein)

Den Mühlenkanal gibt es heute nicht mehr. Er wurde 1979 zugeschüttet zusammen mit dem Hauptwehr (an der früheren "Waage") und der "Insel-Umflutung". Der Sport - und Fußballplatz, 1955 eingerichtet, ist seitdem keine echte "Insel" mehr, aber rings umsäumt von Bäumen und Büschen.

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Zurück zum Thema Freibad.

Es eilt! Ein Freibad soll - noch im Sommer 1937- erbaut werden.
Hchl. 14. Juni 1937 - An den Propaganda-Ausschuss zur Förderung des Schwimmsportes -
Berlin W 35.
Wir beabsichtigen gemeinsam mit dem Reichsnährstand am Ausgang des Mühlkanals
(Leinfluss) ein Freibad zu errichten Mit der Ausführung sollte schon näcshte Woche begonnen werden ....... siehe Originalschreiben

Am 26.Juni 1937 wird von Vertretern des Gemeinderates Hchl. beraten.
§ 3. Erstellung einer Badeanlage in Heuchlingen auf der von Joh. Schmid, hier, gepachteten Parzelle Nr.1010 in den Mühlwiesen und Schaffung eines Freibades an der Lein, am oberen Ausgang des Mühlkanals.... Der Bürgermeister erklärt folgendes: Die nationalsozialistische Regierung hat sich ganz besonders die Aufgabe gestellt, die Jugend sportlich zu erziehen und wehrfähig zu machen und auchsonst die Gesundheitspflege zu fördern. Hierbei sei der Schwimmsport besonders auf dem Land zu fördern. Hitlerjugend, Reichsnährstand und Schule drängen dahin, ...... usw. Der Bürgermeister hat deshalb, weil die Badesaison schon begonnen hat, und die Angelegenheit keinen Verzug gestattet, dringend verfügt und < zwar:

< Die Badeanlage nach einem von Sebastian Schönberger, Zimmermeister hier, aufgestellten Plane sofort zu erstellen.

< Mit Joh. Schmid, hier, wegen Beschaffung des Badegeländes auf Paz. 1010 am Ausgang des oberen Mühlkanals einen Pachtvertrag abzuschließen.

< Das erforderliche Holz von ca. 10 fm im Gemeindewald (als außerordentlichen Holzhieb) zu schlagen.
< Die Zimmerarbeiten für die Errichtung der Badehütte
(2 Umkleide-Hütten u. 1 WC-Häuschen) und des Stegs um die Akkordbelohnung von 250 Rm an Sebastian Schönberger zu übertragen.
< die Deckung der Gesamtkosten im außerordentlichen Gemeindehaushalt pro 1937 wie folgt zu planen: ..........

Eiligst wurde nun mit dem Bau eines Holzsteges und dem Bau zweier Umkleidehütten und eines Klo-Häuschen begonnen. Fundamente für die Stegauflagen wurden gegraben und betoniert - mit dem Anbringen eines Stegs wurde ein bequemer Zugang zur Umkleidewiese ermöglich. Die Bade - und Umkleidewiese wurde hergerichtet. Eiligst wurden Informationen über Haftungsfragen eingeholt und entsprechende Hinweistafeln zur Badeordnung und Haftungen aufgestellt.

Fazit. Ob alle diese eilends angeordnete Maßnahmen dann zur Badesaison 1937 noch verwirklicht werden konnten, ist nicht bekannt.

Jedoch, ältere Zeitgenossen wissen: Die Waage war schon lange vorher der Hauptbadeplatz in Heuchlingen - wie Bruno Schierle, Jg. 1926, O. Bauer u. a. zu berichten wissen. Hierbei ist auch interessant: 1923 wurde im noch jungen Turnverein eine Schwimmabteilung gegründet. Deren Hauptübungsplatz war sicher hier die "Waage".

Eines kann dann aber doch angenommen werden: Nachdem der Anreiz zur "Volks- und Wehrer-tüchtigung" gegeben war, wurde das "Baden" - nicht nur für die Buben und jungen Leute, salonfähig - jetzt auch für die Mädchen und jungen Frauen. Der Ruch: "haben die denn nichts Besseres zu tun", galt nicht mehr.

 

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