"Am 24.Oktober 1945 kommt ein Transport mit 1502 Flüchtlingen aus
Schlesien in 50
Güterwagen an Bahnhöfen bei uns im Remstal an. .. .. .. Die
nachstehende Geschichte wurde entnommen aus der Broschüre
Flucht- und Vertreibung-
Zeitzeugenwissen. Sie soll ein kurzes Bild abgeben über die Ankunft von Kriegsflüchtlingen am 24. Okt. 1945 am Bahnhof in Mögglingen (u. a.) Festgemacht ist die Geschichte am Schicksal der
Familien Proba, Ruß u. Troschka
aus Alt - Cosel in Oberschlesien und der Fam.
Jäckel aus Breslau. .. .. .. Vorangestellt
eine kurze Chronologie der Flucht aus der Heimat
der genannten Familien, den Geschehnissen und Stationen der Flucht. Der
Anfang. Schwere Luftangriffe Evakuierung und Flucht aus Alt Cosel in Oberschlesien. Beginnend
mit einem Großangriff am 7. Juli 1944. Nach
entsprechenden Aufklärungsflügen war von den US-Amerikanern
der erste Großangriff auf Oberschlesien auf den 7. Juli festgesetzt
worden. Ziel war das riesige JG-Farben Werk südöstlich von Heidebreck
(Kandrzin-Cosel).
Während des Krieges produzierte man in diesen Werken synthetischen
Brennstoff für das Dritte Reich. Das Werksareal befand sich im Stadtteil
Blechhammer (Blachowania) Der
erste Angriff. Bei
strahlender Sonne starteten in den Morgenstunden 189 Bomber vom Typ ‚B-17' mit Ziel Heydebreck
- 226 Bomber vom Typ ‚B-24'
in Richtung Blechhammer - sowie
140 Bomber v. Typ B-24' in Richtung Odertal (Deschowitz-
1936-45 Odertal), insgesamt
555 Bomber. Es waren Pulks, die je 24 oder mehr Bomber umfassten. 451 Bomber erreichten die gesteckten Ziele und belegten diese mit Bomben verschiedenen Kalibers (Heydebreck mit 48 to, Blechhammer mit 429 und Odertal mit 221 to. In der Summe ergibt dies 698 to Bomben allein für diesen Tag. . Es war nur der Anfang -- Die Amerikaner starteten dann insgesamt
16 Luftangriffe, sowohl tagsüber wie in den Nächten. Sie begannen
am 7.7.1944. Der letzte Flug fand am 26.12.1944 statt. Jedesmal
kamen über das Gebiet um die 300 Bomber Die Folgen des Luftangriffes. Die angegriffenen
Werke in Blechhammer und Heydebreck hatten
noch rechtzeitig eingenebelt werden können, so dass viele Bombenteppiche
ihr Ziel verfehlten. Viele den Werken zugedachten Bomben hatten infolge
der Vernebelung ihre Ziele verfehlt und die
benachbarten Gemeinden Birken
(Birzezce) und Alt-
Cosel (Stare
Koz`le) schwer getroffen. Die Zahl der Toten unter der Zivilbevölkerung (Odertal einbezogen)
wird mit über 100 angegeben. .
Nach
Ende des Bombenangriffs an diesem 7 Juli, waren auch in Alt Cosel eine größere Zahl der Häuser zerstört. Annähernd 90
Personen: Verwandte, Nachbarn und Schulkameraden der vor genannten
Familien wurden getötet. Durch viel Glück und Intuition- besser vielleicht
Vorsehung- überlebten die Familie Proba
und Russ die Katastrophe. Es war aber Allen sofort klar, dass
das hier Geschehene erst der Anfang war. ------- Bild:
Kirche in Alt Cosel mit Friedhof Noch
am selben Tag erging der Aufruf das Dorf zu verlassen. Eiligst
mussten die wichtigsten Habseligkeiten zusammen-gepackt
werden. Mit Bussen wurde die Bevölkerung nun in weiter westlich der
Oder gelegene Dörfer gefahren. Die Fam. Ruß fand im knapp 20 km südlich
gelegenen Grensen- poln. Grzendzin- ihr neues Quartier und blieb hier von Juli 44
bis Febr. 1945. Die
Fam. Proba verbrachten ihre Wartezeit von Juli 44 bis Anfang
Jan. 45 im nordwestlich gelegenen Eichhagen- schlesisch: Poborschau- bevor sie dann
mit dem Fuhrwerk ebenfalls nach Grenzen zu den anderen Familien
aus dem Gebiet um Alt Cosel stießen. Die Große Fahrt
ins Ungewisse Im Februar 1945 erging der Aufruf, dass alle sich im Ort Grenzen oder dessen Umgebung befindlichen Evakuierten in ein anderes Auffanglager gebracht werden sollten. Zunächst ging es ein oder 2 Stationen mit dem Fuhrwerk weiter, bevor dort die Familien, Männer, Frauen und Kinder mit ihrem Hab und Gut mit LKWs zur Bahnstation nach Jägerndorf in Mähren -tschech. Krnow- nahe der poln. Grenze gefahren wurden. Hier stand ein langer Personenzug mit 30 oder 40 Waggons bereit, um die Flüchtlinge aufzunehmen. Nach Aussagen waren die Platzverhältnisse im Zug ausreichend, auch konnte genügend Essen und Getränke für die große aber unbekannte Fahrt verpackt werden. Jedoch, der Zug war nicht beheizt. Es herrschte ein strenger Winter mit eisig kalten Winternächten. In tagelanger Fahrt- Elfriede F. spricht von 3- 4 oder mehr Tagen, ging die Fahrt nun von Jägerndorf aus durch die Tschechei hinunter nach Österreich- ohne jeden Zwischenaufenthalt. Die Fahrt selbst war unterbrochen von vielen Halts in der Nacht oder bei Tag, mitten auf freiem Feld oder Wald. Endstation war dann Andorf in Österreich- angemerkt: Andorf liegt ca. 25 km südlich von Passau entfernt. .. Ausruhen in Andorf - ein Marktflecken mit 6 oder 7 Teilorten und
zahlreichen Gehöften. In Andorf nun wurden die Ankommenden ein weiteres mal auf Fuhrwerke und Lastwagen
verladen und dann an verschiedene Bauern in der Umgebung verteilt. Hier nun
folgte eine unbeschwerte und - zumindest für die Kinder, sorgenfreie Zeit.
Wobei die Qualität der zugeteilten Wohnräume durchaus verschieden waren.
Einige sprechen von großen und geräumigen Stuben in stattlichen
Bauernhäusern. Dort gab es genügend zu Essen und Trinken. Der Herbst brachte
reichlich Früchte. Es „floß Milch und Honig", so Hans R. Nicht ganz so
glückliche Verhältnisse fand die Familie Proba vor.
Das zugewiesene Anwesen wurde von Sepp, Jakob und Rosa- 2 ledige älteren
Brüder und eine ledige Schwester, bewirtschaftet. Der Haushalt war sehr
verwahrlost und von den Bewohnern nicht mehr beherrscht. Der Vater und
Großvater von Elfriede F. waren dabei bemüht durch allerlei Mithilfe und Repara-turmaßnahmen etwas Ordnung zu schaffen. Hinzu kam
dann zu allem Übel noch, daß die Mutter Proba nach der winterlichen Reise sehr schwer erkrankte
und längere Zeit im Kreiskrankenhaus Schärding verbringen musste. Der Abschied. Im Oktober 1945 erging dann wohl
der endgültige Erlaß, die oberschlesischen
Flücht-linge
vollends nach Westdeutschland auszulagern. Um den 20. Oktober begannen
sie Ihre Habselig-keiten
ein weiteres mal zu bündeln, um sich auf
den Weg zur Bahnstation Andorf zu machen.
Die einzelnen Gastgeber zeigten sich dabei großzügig und beschenkten
die Leute reichlich mit Eßbarem für ihren
letzten Weg - vielleicht waren sie auch froh einige Mitesser
weniger zu haben. … Wohin geht die
Reise? - Fahrt in die neue Heimat. Um den 22 Oktober
1945 bestiegen die um Andorf
einquartierten oberschlesischen Flüchtlinge einen bereitgestellten Güterzug
zu ihrer letzten Fahrt- "wo wir jetzt wohl landen werden?", wird
sich so mancher gefragt haben. --- Wohl zur selben Zeit wurden im nahe
gelegen Bahnhof Schärding ebenfalls Flüchtlingen aus den umliegenden Orten in
bereitgestellte Güterwaggons - die mit etwas mit Stroh ausgelegt waren-
verladen. Es waren vor Allem Flüchtlinge aus Breslau und Umgebung- darunter
auch die Fam. Jäckel. Hier in Schärding wurden die bereitstehenden Waggons an
den in Andorf bereitgestellten, mit Flüchtlingen
aus Alt Cosel und Umgebung beladenen Waggons,
angehängt. -- In einer mehrtägigen
Fahrt, die Zeitzeugen sprechen von mindestens 2 oder auch 3 Tagen, ging
es nun über Passau durch Bayern immer weiter in Richtung Westen. Wo wird die Fahrt enden? ................ ................... ................... "Am 24.Oktober 1945 kommt ein Transport mit 1502 Flüchtlingen aus dem Raum Schlesien in 50 Güterwagen mit einem Halt in Mögglingen bei uns im Kreis Gmünd an. .. Am Bahnhof In Mögglingen, der ersten Station
im Kreis Gmünd, macht der Zug halt.
-- Das halbe
Dorf ist da. Der Bürgermeister,
Rotkreuzhelfer aus der
ganzen Umgebung, Ärzte und Landrat Burkhardt. Frauen der neu gegründeten Nothilfe
- deren Organisator Pfarrer Fischer ist, verpflegen unter Anleitung
desKüchenmeisters Albert Kuhn die Angekommenen mit Eintopf, Brot und
Wurst. -- … ... Verteilung der Flüchtlinge in ihre Quartiere der umgebenden
Ortschaften. Dort sollen sie in vorhandene Wohnstätten der Altbürger eingewiesen werden. Um dies durchzusetzen,
musste wiederholt auch Gendarmerie eingesetzt werden - so die Aussagen von Zeitzeugen. In einem Aufruf des Landrats heißt es dann auch:
"Wir sind uns bewusst, wie hart es ist, die Bevölkerung in ihren eigenen
Häusern auf engstem Raum zusammenzusperren. Noch härter aber ist das Los der Flüchtlinge,
die Haus und Hof, den gesamten oft über Generationen erworbenen Besitz
verloren haben". Die Heimatvertriebenen, die sich nach dem Krieg in
Mögglingen und den umliegende Orten ansiedeln, kommen aus dem Sudetenland,
Ost und Westpreußen, Schlesien, Pommern, Rumänien, Südslavien,
Rußland, dem Baltikum und der Slowakei. "Die
Ostflüchtlinge suchen eine neue Heimat, so sehr sie ihrer fernen Heimat
nachtrauern, die man ihnen genommen hat. Ihre Enkel werden einmal Landsleute
unserer Enkel sein". .. .. Am Bahnhof in Mögglingen. Mit Transport am 24. Oktober, kommen auch ca. 80 nach Heuchlingen zugeteilte Flüchtlinge am Bahnhof in Mögglingen an. Hier
in
Mögglingen führen nun auch die Flucht-chroniken
der Familien Proba, Ruß, Troschka
und Jäckel vollends zusammen. .. Das weitere Geschehen soll nun
von Elfriede Friedel, geb. Proba und Ulla Schwarz,
geb. Krause/Jäckl berichten: "In Mögglingen erfolgte der erste reguläre Halt. Er war zugleich Endstation für viele der Zuginsassen. Von hier aus erfolgte jetzt die Verteilung der Flüchtlinge in ihre neuen Heimatorte in der Umgebung. Mehrere
Wagen wurden abgehängt - in einem der Wagen (Wag. 24?) auch unsere
Familien Russ, Proba und Jäckl. Elfriede meint,
dass alle Wagen abgehängt worden seien. (Angemerkt:
Mit dem Transport aus dem österreichischen
Innviertel, wurde wohl das weitere Remstal beschickt. Das zeigen ähnliche
Abholaktionen am Bahnhof in Unterböbingen
und anderswo.) . Nach Heuchlingen? -- Wie sieht es dort aus? -- Wie werden wir
empfangen? Vor
dem Bahnhof in Mögglingen standen an diesem
24. Oktober dann auch bereits Bauern aus Heuchlingen mit Pferdefuhrwerken
und eine Abordnung der Gemeinde mit Bürgermeister O/Brt.
Stütz bereit - Bürgermeister Stütz war während der Kriegsjahre im
oberschlesischem Beuthen tätig.
Wie er die Mutter von Elfriede mit
einer anderen Zuginsassin polnisch reden hörte, kam Stütz auf sie zu und
fragte sie woher sie kämen. "Aus Alt Cosel"
war die Antwort. "Dieser Waggon
kommt zu mir", soll Stütz daraufhin geantwortet haben- so die
Aussage v. Hans Ruß. Anmerkung herzu: Frau Proba war auf
der Suche nach geeigneter Nahrung, besonderers für
ihre 9 Monate alte Tochter Agnes. Wie sie Stütz dann ansprach, bekam sie erst
etwas Angst- sie hatte polnisch gesprochen- war dies vielleicht verboten?
So bestiegen also die Angekommenen mit ihren Habseligkeiten die bereitstehenden Leiterwagen. Elfriede F. weiß noch mit Gewissheit, dass sie auf dem Wagen von Anton Knödler nach Heuchlingen gefahren wurden - wie auch die Fam. Jäckel. Als weitere Transporteure sind ihnen namentlich noch Josef Ilg, der Kolbadone, in Erinnerung. – Angemerkt: Es erging hier vorab die Anfrage - Anweisung an Bauern in Heuchlingen und Holzleuten, welche im Besitz von Pferdegespannen waren (8-10 Bauern), den Personentransport vom Bahnhof Mögglingen nach Hchl. vorzunehmen. Rechnungen hierüber und Rechnungen über die ersten Versorgungen der Ankommenden finden sich in den Gemeinderechnungen von 1946. Die bereitstehenden Fuhrwerke
mussten für den Transport der angekommenen Personen dann wohl den ganzen Tag
über unterwegs gewesen sein. Eine schier unlösbare Aufgabe die hier der
Gemeinde und allen Beteiligten abverlangt wurde. .
Im Zugangsbuch der Gemeinde sind für den 25. Okt. 1945 Achtzig Personen - Männer, Frauen und Kinder- als Zugang vermerkt. Der überwiegende Teil davon kam aus Schlesien. Es kann jetzt durchaus angenommen werden, dass diese 80 Personen mit demselben Zug und auch am selben Tag in Heuchlingen ankamen. Hier eine Auflistung der Zugänge am 25. Okt. 1945-- in PDF. . Notquartiere
im Gasthaus Adler und - zumindest zeitweise - auch im Saal der "Krone“. Die eingesetzten
Fuhrwerke machten vor dem Adler Halt. Bei ihrerr Ankunft wurden die
Ankommenden ganz sicher von einheimischen Bewohnern neugierig und wohl auch
kritisch beäugt- und auch umgekehrt. Elfriede hat darüber keine Details mehr
in Erinnerung. So bezogen sie mit dem Großteil
der Angekommenen das Notquartier das im Gasthaus Adler eingerichtet worden
war - es war der alte Tanzsaal im EG und der Adlersaal selbst. Hier im EG
wurden dann 6 - 8 Familien, im Saal entsprechend mehr einquartiert. Ja, in
diesem prekären Falle wurden selbst die Pferdeboxen im gegenüberliegenden
Stall mit Familien belegt. Dieses Notquartier im Adler - und auch die in der
"Krone", diente sozusagen als Puffer, wenn vorgesehene Quartiere
noch nicht bezugsfertig waren. Die Familie Proba
verbrachte nun 1 ½ bis 2 Wochen im Adlersaal. Während dieser Zeit gab dabei
die alte Adlerwirtin den Hinweis, dass auf dem Mäderhof ein passendes
Quartier frei würde. Anmerkung zum
Notquartier im Gasthaus Krone: Zeitzeugen aus Hchl. haben keine Kenntnisse von
diesem Notquartier in der Krone. Aber zumindest im Herbst 1946 wurden
nachweisbar Vertriebene aus Mähren im Krone-Saal einquartiert - es waren dies
die Fam. Losert, Jordan, Richter, Olbrich und
nochmal Richter. Die Familie Jäckl. Ulla J. weiß über die Einquartierung nur so viel:
Ihre Familie wurde, wie die meisten der Ankommenden, im Adlersaal
einquartiert. Dazu waren auf dem Boden Lager aus Stroh und Strohsäcken
hergerichtet. Über die Lagerdauer
hier weiß Ulla nur, dass sie an Weihnachten 1945 schon im kleinen
"Schukani - Häuschen in der Vorstadt ihre neue
Bleibe bezogen hatten. 1957 ist die Familie dann in die neue Wohnung im
Schloß eingezogen.
Die
Familie Proba. Nach den amtlichen
Planungen war für Proba und Troschka
dann tatsächlich der Mäderhof als Wohnstelle vorgesehen. Zunächst
bezogen sie aber wiederum eine Übergangswohnung bestehend aus 2 Zimmern-
für 9 Personen- beim Bernhard Frei auf dem Mäderhof. s. Foto.
Danach wurde dann
auch das Haus Pfisterer/ Ernst- im Sprachgebrauch s`Lutza,
bezugsfertig. Hier verbrachte der Familienverbund dann mehrere Jahre.
Dabei muss man anfügen, dass in diesem, ja nur einstöckigem Häuschen-
mit geschätzten max. 80 qm Wohnfläche, 3Familien und zeitweise
bis zu 18 Personen Platz finden mussten- nur das WC-Häuschen lag dann
separat und außerhalb im Garten .……………..
Es geht aufwärts
Das Wirtschaftswunder nahm seinen Anfang. Eine ganz neue Zeit begann. Auch
die Familie Ruß war dann in der Lage sich in der ersten neue geschaffenen
Wohnsiedlung in der Vorstadt, eine eigene Wohnstätte zu erbauen. --- s. Foto ...
Großer Link zur Geschichte
der Heimatvertriebenen in Heuchlingen. |