Raub- und Rachezüge, Episoden, Wissenswertes

Nach dem Einmarsch der Amerikaner am 23. April 1945 mussten alle Waffen am Dorfplatz oder auch vor dem "Adler" abgegeben werden, wo sie dann vernichtet werden sollten. Bei den Gewehren und Pistolen wurde dies dann so gehandhabt: Die Waffen wurden aufgeschichtet, mit reichlich Benzin übergossen und angezündet, wobei sie dann im Feuer verbrennen und verglühten sollten. Anschließend fuhren Panzer oder LKWs über den Trümmerberg und zermalmten ihn zusätzlich. Die deutsche Bevölkerung sollte somit praktisch wehrlos gemacht werden.


Sehr schnell
folgten nun auch nächtliche Plünderungen im Dorf, vor allem aber in den umliegenden Gehöften. Verübt durch Polen und Russen. Widerstand war nicht selten lebensgefährlich. Der genannte Personenkreis wurde immer unkontrollierbarer und bedrohlicher. Es herrschte jetzt für einige Zeit eine gewisse Gesetzlosigkeit. Die Besatzer schauten diesem Treiben zunächst tatenlos zu vielleicht auch mit einer gewissen Sympathie.

Anmerkung hier: Die Ostarbeiter wurden Ende April / Anf. Mai 1945 nach der Besetzung durch die Amerikaner in einem Sammellager in der Hardkaserne bei Schw. Gmünd zusammengefaßt. Viele von ihnen wurden dort als Wach- und Fahrpersonal bei den Amerikanern eingesetzt. Nicht selten unternahmen sie nun ihre Beutezüge mit amerikanischen Armeefahrzeugen. Diese Raubzüge dauerten bis in den Spätsommer hinein. Erst als die ersten Opfer zu beklagen waren, griffen die Besatzer schärfer ein und erschossen die ersten nächtlichen Räuber. Der makabre Spuk flaute langsam ab. Qu.: Zeitzeugenaussagen.

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Rache und Vergeltung am Dienstherrn.


Einige Bauern hatten gegen Kriegsende und auch noch nach dem Einmarsch der Amerikaner am 23. Apr. 1945 Angst vor der Rache ehemaliger, bei ihnen beschäftigten Zwangsarbeiter. Diese taten sich nicht selten zu gemeinsamen Rache - und Beutezügen
zusammen und sorgten für große Angst und Unruhe in der Bevölkerung.

Eberhard Beierle fühlte sich bei Kriegsende sehr bedroht. Er verschwand Hals über Kopf und hauste tagelang im Wäldchen an der Straße zwischen Hchl. und Horn. In der Nacht brachten Bekannte dem Eberhard Essen und Trinken. Die Polen und Russen suchten bei ihren Rachezügen dann sehr schnell auch die Umgebung nach ihm ab.

Eberhard schlug sich auf den Brackwang zu seinem Schwager Anton Wagenblast durch. Dort gruben sie ihm unter Strohbüschel ein Versteck und versorgten ihn. Die Suche nach Eberhard blieb ergebnislos.

Des weiteren machten nun ehemalige Gefangene wie auch Zwangsarbeiter dann bei den amerikanischen Besatzern auch Meldung wegen angeblicher Mißhandlung durch E.B. Deren Kommandant befahl dem Hugo Mezger, dieser war zu der Zeit noch stellvertr. Bürgermeister, unter Androhung der Erschießung, den Aufenthaltsort von Eberhard preiszugeben. Was Hugo Mezger aber unmöglich war. Qu.: J. Sachsenmaier, M. Werner u. R. Schmid. - näh. s.b. "die letzten Kriegtage" in Hausgeschichten- Navigation 4



Xaver Schmid, Müller in Laubach, hielt sich tagelang bei einem Bauern in Leinweiler in einem Versteck auf dem Heuboden auf, aus Angst vor der Rache der Polen und Russen. Qu. M. Werner


Haas geht es an den Kragen:

Nach Kriegsende trafen sich ehem. franz. Gefangene vor der Mühle ein. R. Schmid spricht v. Offizieren. Der Müller Johann Schmid hatte eben ein Flasche Wein geschenkt bekommen. Er schenkte den Soldaten ein. Auf seine Fragen erfuhr er dann, daß sie den Haas auf dem Mäderhof recht verschlagen (verprügeln) wollten. Der Wein verstärkte den Wunsch. Sie zogen also los auf den Mäderhof, trafen Haas aber nicht an. So setzten sie sich beim Eugen Funk auf die Bank vor dem Haus. Eugen schenkte ihnen Most ein. Dieser tat sein Übriges. Dort sahen sie dann, wie Haas, sein Fahrrad vor sich herschiebend, den Berg herauf kam. Die Tracht Prügel war wohl gewaltig. Haas konnte angeblich tagelang das Bett nicht verlassen.
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Beutezüge

Der versuchte Motorrad Diebstahl

Die Mühle in Hchl. war naturgemäß immer ein Treffpunkt für die Hchl. Bauern und deren Gesinde, so auch für die russischen - und poln. Fremdarbeiter und die Franzosen (Kriegsgef.), zumal hier in der Mühle auch das Wohlwollen für jedermann groß war. Nach Kriegsende kam der Franzose Mizich zur Mühle und warnte den Müller, dass einige Polen und Russen vor hätten, in der Nacht dessen Motorrad zu stehlen. Eilig wurde daraufhin das begehrte Objekt im Heu eingegraben. R. Schmid und Franz hielten in dieser Nacht Wache vor der Scheune. Die Diebe erschienen dann aber nicht. Das Motorrad fuhr danach noch lange Zeit in Heuchlingen. Qu.: R. Schmid.


Ein Herrenanzug unter Zwang gemacht:

Eines Tages nach Kriegsende erschien der Russe, welcher bei Josef Ilg - "Kolbadone" im Dienst, war beim alten "Kehlschneider" Paul Stäb mit einem Ballen Anzugstoff aus dem Kaufladen v. Hugo Mezger. Er zwang den Paul und die mitarbeitenden Angehörigen mit vorgehaltenem Messer binnen eines Tages / Nacht einen Anzug anzufertigen. Die ganze Familie war daraufhin mit Zuschneiden und Nähen eines Anzuges beschäftigt. Über eine Bezahlung, sowohl bei Mezger, als auch beim Stäb, weiß der Erzähler nichts. Der Erzähler sieht aber den besagten Russen noch über den Mühlsteg gehen mit einen Ballen Stoff auf dem Rücken. Qu.: R. Schmid.


Eine Beutegrube

Polnische und russische Fremdarbeiter gruben - nahe vor Kriegsende, nächtens an der oberen südlichen Ecke in "Dürrenbauers Garten" eine tiefe Grube, die mit Brettern und Laubzweigen abgedeckt war. - Anm.: Die Gartenecke lag damals noch an einer außerhalb der Gartenhecke liegenden Feldfuhre und führte ins Offenen Feld. So wurde die Grube erst später entdeckt. Die Nutzung oder der Inhalt der Grube ist nicht mehr bekannt. Auch herrschte jetzt ein reges Kommen und Gehen poln. u. russ. Landarbeiter auf dem Hof des Joh. Wöller. Einmal erschienen sie auf einem fast neuen Motorrad, beladen mit Ballen v. Marinestoff. Sie boten dem Bauer einen Teil des Stoffes an. Der Handel wurde jedoch nicht vollzogen. Qu.: Fr. Wöller.


Eine Sau wird gestohlen:

In der Mühle ward nach Kriegsende gerade frisch ein Schwein geschlachtet. Solches geschah früher mehr oder weniger öffentlich und für jedermann sichtbar. Nun, das Schlachtergebnis war kaum in Müllers Keller am Tiefenbach eingelagert, tauchten des nachts Polen auf. Müllers Hund schlug kurz an, verstummte dann aber. Die Schweineteile, Dosen und Würste, dazu weitere andere Lebensmittel wurden ausgeplündert. Eduard Sachsenmaier, der den Lärm bemerkte und ans Stubenfenster trat, glaubte, Müllers Wilhelm aus der Diebesgruppe heraus erkannt zu haben, was das Verstummen v. Müllers Hund erklärbar machte könnte. R. S. spricht dann auch: "die ganze Sau wurde gestohlen.


Ähnliche nächtliche Kellerplünderungen geschahen auch in Holzl. b. Bihr, Häberle u. noch anderen Stellen.


Kleiderraub auf dem Schloßberg.

Hans Sachsenmaier half in den Kriegsjahren seiner Tante auf dem Schloßberg - ihr Mann war a.d. Front, das kleine landw. Anwesen der "Molkers-Stäb" mitzuschaffen. Verwandte, Onkel und Tanten v. Hans, wohnhaft damals in Ravensburg, glaubten nun, in den Endkriegswirren einen Teil ihres Kleiderbestandes in Heuchlingen in sichere Verwahrung bringen zu können. Man befand, dass diese Gegenstände im Trockenraum- Schuppen des Wägners Otto Steeb gut aufgehoben seien. Hans S. selbst trug sodann einen guten Teil der Kleidungs - u. Wäschestücke der Ravensburger Verwandtschaft, aber auch den der Fam. Stäb in den besagten Schuppen. Was dabei nicht beachtet wurde, die polnische Zwangsarbeiterin des Josef Steeb hackte zur gleichen Zeit, ganz in der Nähe Reisig und beobachtete den Vorgang. Nun, sämtliche eingelagerten Kleidungs - und Wäschestücke wurden kurze Zeit später vollständig ausgeräubert.

Episode hierzu

Josef Grimminger, ein Schwager der ob. gen. Tante, glaubte, mit einer schlauen Idee an die Diebe, oder einen Teil des Diebesguts heranzukommen. Er gab R Schmid eine Flasche Schnaps. Mit diesem Lockmittel sollte Rudolf bei Franz, ihrem ehem. poln. Zw. Arbeiter in der Mühle, nach Kleidungsstücken für eine vorgegebene Freundin anzufragen. Franz konnte versch. gewünschte Gegenstände beschaffen. Ob diese Stücke nun von dem Raub stammten, ist Rudolf nicht mehr bekannt.
O. Schmidt merkt hierzu an: Franz konnte dem Rudolf auf dessen Begehren einen Wintermantel mit einem Pelzkragen (Fuchs o.a.) besorgen. Nach Otto war es der Wintermantel der "alten Molkere". Nur, Franz konnte man eine Beteiligung an dem Raub nicht nachweisen.


Aufruf zur Selbstverteidigung
- Qu. Otto Schmid.

Weil die Raubzüge immer bedrohlicher Formen annahmen, wurde in der Gemeinde eine sogenannte "Polenwache" aufgestellt. Das Vorgehen sah nun so aus: Pfarrer Zeyer besaß einen starken Scheinwerfer. Auf entsprechende Hilfesignale und Rufe, gab dieser nun in die Richtung der Hilferufe Lichtzeichen. Die Wachen sollten nun versuchen, bewaffnet mit Knüppeln, Heugabeln u. dgl., die Räuber in die Flucht zu schlagen. So angeblich geschehen bei Frei auf dem Mäderhof und Lutz auf dem Kiarth.


Amerikaner kommen zur Hilfe -
erzählt von Anton Knödler.

Vom Mäderhof kam ein Hilferuf an das Rathaus in Hchl., dass Einbrecher am Werke seien. Der Bürgermeister alarmierte daraufhin die amerikanischen Besatzer. Kurze Zeit später fuhr ein Jeep vor. Anton Knödler, der zufällig in der Nähe des Rathauses weilte, mußte aufsitzen und den Wege a.d. Mäderhof weisen. Die Einbrecher aber waren wohl schon abgehauen. In einem nahen Waldstück auf einer Waldfuhre wurden die Diebe gestellt und samt der Diebesware auf die Rückbank des Jeep`s neben Anton Knödler verladen und ins Rathaus nach Hchl. abgeführt. Anton Knödler konnte seines Weges weitergehen. Anton K. kennt das v. d. Diebstahl betroffene Haus und auch das Datum des Geschehen nicht mehr.

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Die ersten Toten

Auf dem Haldenhof bei Bargau wurde ein Russe bei einem nächtlichen Überfall von den Amerikanern erschossen. Nach R. Schmid war der besagte Russe der ehem. Arbeiter des Josef Ilg -"Kolbadones". Die Überfälle flauten nun allmählich ab. Qu. Rudolf Schmid.
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Raub - und Beutezüge durch Polen - aus externer Quelle - aus d. Heimatmuseum in Waldstetten- gekürzt.

Die Hardkaserne wurde nach Kriegsende mit ca. 5000 poln. Zwangsarbeiter belegt. Sie galten als "displaced persons" (DPs). Viele von ihnen wollten aber nicht sofort in die Heimat zurückkehren - konnten wohl zunächst auch nicht, ein Teil ihrer Heimat war zerstört oder wurde in Russland einverleibt. Außerdem bedeutete eine Rückkehr nicht selten Deportation nach Sibirien. Nebenbei: Dies galt besonders für die russischen Zwangsarbeiter und noch stärker für die russ. Kriegsgefangenen.


Raubzüge in die Umgebung der Hardkaserne

Viele der Raubzüge i. d. Umgebung erfolgten jetzt von der Hardkaserne aus, durch eben diese "displaced Persons".


Der obere Zusenhof wurde im Sept. 1945 überfallen, obwohl d. Bürgermstr. mit einigen Männern zum Schutz a. d. Hof war. Die Plünderer schossen den Bauern an, der nach einigen Monaten an den Verletzungen starb. Schwere Einbrüche von bewaffneten "PDs" gab es auch auf dem unteren Zusenhof, in der Herzenklinge, auf der Hohenreute, auf dem Klossenhölzle und in der Schlangeleshalde.


Selbstschutz

Die Bürger organisierten ab Juni 45 eine Art Selbstschutz. Da sie aber keine Waffen mit sich führen durften , hatten sie nur wenig Erfolg.

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Chronik der Raub - und Beutezüge in Hchl. und Umgebung, entnommen aus der Pfarrchronik v. G. Zeyer (notiert nach dem 23. April 1945)


Beim Einmarsch
der Amerikaner wurden im Algemeinen die Pfarrhäuser von Einquartierungen freigelassen. Da nun aber des nachts eine große Zahl von Truppen hier eintraf, mußten im Pfarrhaus 30 Amerikaner übernachten. Dabei ließen sie prima Zeisgläser (Feldstecher) mitlaufen.

In anderen Häusern klagte man vielfach über sehr umfangreiche Plünderungen, hier besonders von Polen und Russen, welche unter der amerikanischen Truppe waren.

Am 16. April 1945 (v. G.Z. nachbemerkt) wurde bei Lorch im Walde Konrad Ilg, Sohn des Alfons Ilg u. d. Maria Maier ("Schuhmicheles") erschlagen aufgefunden.
Anmerkung hierzu: Konrad war Wachmann in einem Gefangenen-oder Internierungslager. (Welzheim? Schw.- Hall - Hessental? ) Er hatte nun den Auftrag, einen Trupp Polen und Russen in ein anderes Lager zu führen. Er war auf dem Weg nach Wäschenbeuren. Hinter Lorch schlugen sie dann den Konrad Ilg tot. Qu. R. Schmid.

Am 23. August sah man in Mögglingen Polen aus dem Zug steigen und sich gegen Gollenhof zuschleichen. Ein Mann warnte den Besitzer des Hofes. Als nun diese sich näherten, ließ er die Sirene laufen. Zugleich hatte er noch andere Personen zusammengerufen. Die Polen zogen weiter auf den Christenhof. Dort raubten und plünderten sie auch gar alles was zu finden war.

Nachtrag 24. August: Schon wieder hier eingebrochen, und zwar im Kiarth bei der Fam. Lutz.

27. August: Nun endlich hat auch die hiesige Gemeinde beschlossen, eine Nachtwache aufzustellen, wegen der Einbruchsgefahr durch Polen.

Im Kiarth haben die Einbrecher sehr viel mitgenommen, 2 Fahrräder, 20 Paar Strümpfe, Wäsche und sehr viel Stoff und Nahrungsmittel, wie seinerzeit auf dem Christenhof, dem sie sämtliche Lebensmittel und Kleider gestohlen haben. Man will die Einbrecher gesehen haben, wie sie ihre gestohlenen Sachen im Haus des Jsidor Ilg versteckt haben. Auf alle Fälle soll der ehem. Knecht des Ilg, ein Pole, beim Einbrechen gesehen worden sein.

28. August: in Laubach sollen Polen heute Nacht eingebrochen und geplündert haben.

3. September: In der Nähe von Gmünd fand in der Morgenfrühe des vergangenen Donnerstag auf Freitag ein Bauer auf seinen Hofe ein Schwein, dem der Hals fast ganz abgeschnitten war. Daneben lagen zwei tote (erschossene?) Polen. Wie das zuging und wer der Mörder dieser Räuber war, ist noch nicht aufgeklärt!

16. September: die Uhr heute Nacht wieder eine Stunde zurückversetzt- also Normalzeit.

17. September: Heute Nacht Alarmzeichen von der Nachtwache. Diebe, Polen, wollten sich wieder an den Mäderhof heranmachen. Darauf aufmerksam gemacht, wurden Alarmzeichen gegeben, alles machte Licht, die männliche Bevölkerung machte sich mit Knüppeln, Prügeln, Gabeln, Äxten etc., auf den Weg nach dem Mäderhof. Die Einbrecher wurden verscheucht und ferngehalten.
Anläßlich des nächtlichen Alarms setzte ich heute Nacht meinen Projektionsapparat als Scheinwerfer in Tätigkeit und beleuchtete die Landschaft.

12. Oktober: gottlob scheinen die Einbrüche und Plünderungen durch die Polen im Abnehmen zu sein. Wenigstens hört man schon seit Wochen nichts mehr davon in unserer Gegend.

Soviel zur Geschichte "Raub- und Rachezüge"
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