Betrachtungen und Neubewertung zum Fest Fronleichnam vor ~ 200 Jahren –

nach  Betrachtung der Aufschrieben von  Josef Ohnewald, Krämer in  Heuchlingen (* 1781, + 1856)

Josef Ohnewald  vermerkt in seinen Tagebuch- Einträgen im Monat

Mai 1818

Am Feste der hochheiligen Dreieinigkeit (heute das „Dreifaltigkeits-Fest) hatten wir dieses Jahr sehr schlechte Witterung, welches schon öfters der Fall war.

Am Fronleichnamsfeste hingegen war das Wetter sehr schön; es war schon wieder ausgetrocknet.

Die Prozession begann im feierlichen Zug; doch ein Umstand machte eine kleine Verwirrung darunter. Als man (Intern: man beachte) der Mühle zu gehen wollte, wo sonst an diesem Tage das 4.  Evangelium gelesen wird, kehrte der Herr Pfarrer um wie man zu dem Kappelbach kam, weil der Weg gar so schlecht war, und machte den Rückzug wieder über die Brücke (int.: damalige Rundbogen-Leinbrücke) , und las das 4. Evangelium bei des Franzenbauers Haus (= das spätere Sandschmied-Haus).

Dieser Verwirrung hätte man so leicht vorbeugen können, wenn die hiesige man einige Wagen Kies hingeführt und den übrigen Teil mit Bretter bedeckt hätte. Aber das konnte nicht sein. So viele Mühe kann man sich wegen dem Fronleichnamsfest nicht geben; das ist in Städten üblich. (Ohnewald-Ironie?)

Hier konnte man den schlechten Eifer und die geringe Ehrfurcht kennen lernen, die einige, wo nicht gar die meisten Einwohner von Heuchlingen vor der Feier dieses heiligen Tages haben, wo der Priester das Heiligtum zu Verehrung im Dorfe herumträcht  (herumträgt) und damit der Segen über Wiesen und Felder erteilt. Der Priester soll in feierlicher Kleidung mi dem Heiligtum durch den Koth wadten (durch den Kot waten). Ihr Undankbare! Die späte Nachwelt soll es aus diesem Buche noch erfahren, welchen schlechten Eifer und welche geringe Ehrfurcht ihr von dem Segen dieses heiligen Tages hattet.

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Versuch einer Bewertung- Neubewertung v. Fronleichnam früher und heute, dh.  1818  und heute- 2022 -- und auch nach den Einlassung von Josef Ohnewald.

Ohnewald überrascht  erstens zunächst einmal mit seiner Aussage im Mai 1818, dass das 4 te Evangelium traditionsgemäß bei der Mühle gelesen werden sollte. Hier sei intern angemerkt: Der Weg zur Mühle führte um die Kappel (Georgskapelle)  hinunter  zum Steg-/Brücken-Übergang über den  Tiefenbach, entlang dem Mühlkanal-Auslauf zum Vorplatz (Hotraite) der Mühle.  Bei schlechter Witterung konnten Fuhrwerke nur mit Mühe, oder gar nicht, zur Mühle gelangen, um ihr Mahlgut an zuliefern.
Es gibt weitere Fragen: Wie gelang hier das Prozessions-Zug gefahrlos zum  Mühlenvorplatz? Gingen die Prozessions-Teilnehmer (das betende Volk) überhaupt diesen Weg? Und zwar: hin- und wieder zurück. (War diese Mühlenstation eine Gefälligkeitsstation? - Linse, Ottenbacher, Vogt)

Dann, zweitens, kann man aus den verbalen Ausführungen Ohnewalds durchaus  auch entnehmen, dass in jener Zeit dieses Fest beileibe nicht in dem Prunk abgehalten wurde, wie man es aus den letzten 100 Jahren oder mehr hier in Heuchlingen kennt. Gras- u. Blumenteppiche, Häuserschmuck, o. a. (Die Kriegswirren und Hungersnot lagen nicht weit zurück.) (Beziehung zu Linse, Vogt, Ottenbacher auf der Mühle?)

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Erwähnungen zum Fronleichnamsfest In den Kirchenakten.


In der HL- Rechng.
v. 1800 bezahlt der Heiligen Pfleger Melch. Ohnewald an den Wirt Joh. Melchior Kieninger für Verzehr und Trank am Fronleichnamstag für:

4 Himmelträger a`15 kr. = 1 fl., 1 Kreuzträger = 15 kr., 1 Kerzenträger = 15 kr., dem H.H. Pfarrer = 1 Maß Wein u. 2 Brot = 58 kr., den 10 Musikanten a` 15 kr. = 2 fl., 30 kr., den Ministranten 20 kr., dem Schulmeister d. Verzehr f. d. Maien holen = 20 kr., und an 6 Schützen a` 15 kr. = 1 fl, 30 kr. in dessen Gasthaus stellt (HL. Rn. Krt.7/8)

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Verkündbücher

Erstmals in den "Verkündbüchern" finden sich nähere Hinweise zur Gestaltung und den Ablauf des Festes. 1829 und 1834 werden dabei auch erstmals die Standorte der

4 Fronleichnamsaltäre erwähnt. (s. a. and. Stelle)

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Fronleichnam wird dabei auch als sogenanntes Oktav-Fest bezeichnet, d.h. es wird einmal das eigentliche Fronleichnamsfest am besagten Donnerstag nach der Pfingstoktav und eine Fronleichnamsfes-Oktav am Donnerstag darauf gefeiert. Diese  Fronleich-namsfes-Oktav fand um 7 oder 8 Uhr statt, verbunden mit einer kleinen Prozession um die Kirche herum. Dabei wurden ebenfalls die 4 Evangelien gelesen.

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Verkündung an Dom. hh. Trinitatis am 17. Mai. 1818 – (das v. Ohnewadls erwähnte Jahr)

Am Donnerstag begehen wir das Fest des hh. Fronleichnams u. H. J. Sh. Es ist ein gebothener Feiertag. Am Vorabend wird abends um 7 Uhr der erste hl. Segen gegeben und dabei der der *dreißigste und die Litanei gebetet. Am Festtag selbst ist um 7 Uhr das Amt, nach selber wird die Prosession mit dem Hohen Gut um das Dorf gehalten, allwo die 4 Evangelien abgesungen und jedes mal der hl. Segen über das Dorf und die Feldfrüchte gegeben wird. Bei dieser Prozession sollen diejenigen wieder die Ferkula tragen, welche selbe voriges Jahr getragen haben, oder ihrem Abgang andere bestellen. Alle werden ermahnet, daß sie die Gassen u. Wege säuberlich halten und gute Ordnung beobachten sollen. Unter der Octav wird sowohl in der hl. Mess, als auch abends um 7 Uhr das Hohe Gut ausgesetzt *und 30er und Litanei gebetet. Von heut über 8 Tag ist die große Salzweihung… (*30er - Dreißiger Rosenkranz, bestehend aus 33 Vaterunsern zur Ehren des Lebens Jesu - auch zu Ehren der Himmelskönigin i. d. Monaten Mai bis Oktober)

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Verkündung am Fest Ss. Trinitatis am 14. Juni 1829- (11 Jahre später)

(3. Stat. Zehntscheuer) …  am Donnerstag feiern wir das Fest des Fronleichnams unseres Herrn Jesu Christie, an welchem um 8 Uhr das Hochamt ist mit darauffolgender Prozession im Dorfe herum….. Die Ordnung dabei ist im Ganzen dieselbe wie bei den Bittgängen. (Intern: wobei die Prozessionsordnung bei den Bittgängen nicht beschrieben wird -nur, „dass der marianische Rat dabei seine Verrichtungen bei dem Allerheiligst wie sonst zu beobachten hat“) Das erste und zweite Evangelium wird an den gewöhnlichen Orten, das dritte bei der Zehntscheuer und das vierte am Platz der früheren dritten Station ge-lesen, damit der Zug der Prozession immer die breitere Straße habe und so die Prozession ungestörter vollführt werden kann" (so die Begründg.)

Intern ergänzend hierzu angemerkt: offensichtlich wurde in diesem betreffenden Fall versucht, durch geänderte Haltestationen einen besseren oder geordneteren Prozessions-verlauf zu erreichen. Die gesetzte 4te Station, das Anwesen "Soadschmied-Schuster", wurde in diesem Jahr offensichtlich ausgespart und an das "Adler-Anwesen" gegeben, während die seitherige 3 te Station (Adler) an die Zehntscheuer verlegt wurde - vorausgesetzt , dass die erste Station der "Kübler-Altar" war - (wenn die 1. Station. jedoch d. Kolb-Altar war, wäre der Kübler-Altar in diesem Jahr ausgespart gewesen. (der Mühlen-Altar ist nicht mehr).

Weitere Int. Anmerkung. Die hier genannte 3 te Station bei der Zehntscheuer scheint nur von kurzer Dauer gewesen zu sein - siehe hierzu Staionen- Nennungen 1834 -s. nachsteh.

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Verkündung am Dreieinigkeitssonntag 25. Mai 1834

….. Am Donnerstag wird das Fronleichnamsfest um 7 Uhr mit *musikalischem Messamte und Prozession im Dorfe herum, nachmittags um 1 Uhr mit musikalischer Vesper mit Segen gefeiert.

*es ist ein Sänger Chor gebildet, der aber izt auf 4 stimmige Gesänge einübt – (Kirchen-Chorgesang also schon vor 190 Jahren)

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Aus Kirchen- Konvent - Abschn. 5 B, Pu. 19 im Jahr 1830.

*Damit die Ordnung weniger gestört wird und alle auf den Altar sehen können, so wird die 1 ste Station beim Haus des Matthäus Weller (Kübler) - das 2 te bei Melchior Ilg, (Kolb) - das 3 te bei Josef Fuchs (Adler), das 4 te bei Franz Selzer (spät. Soad-Schmied) gehalten.  Um Reinlichkeit des Weges und ruhige Ordnung wird bestens angehalten.

Vom Freitage an, die ganze Woche hindurch, werden am Morgen täglich das Hochwürdige Gut unter der Pfarrmesse ausgesetzt und der Segen gegeben, weshalb der fleißige und andächtige Messbesuch, wo es immer möglich ist, empfohlen wird.

*Intern hierzu angemerkt: man beachte, dass die Reihenfolge der besuchten Altäre in 1830 von der heutigen Folge leicht abweicht. Der "Kübler-Barth"- Altar am Kirchberg wird seit länger Zeit nicht mehr als erster, sondern als letzter Haltepunkt angelaufen. Erster Altar wurde der "Kolb-Ilg"- Altar – im Übrigen aber sind die Altarstellen dann bis in die heutige Zeit (2020) hinein, dieselben geblieben.

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-------------------------------------------------------------------------------------------- Dez.2022 - gez. a. munz