Übergang von der Leibeigenschaft zum freien Bauern und Bürger in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunders - und die entstandenen Propleme.

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Schon bald nach Errichtung des Königreichs Württemberg Anf. d. 19. Jh. - und auch nach Anlehnung an Grundsätze der französ. Revolution, setzten Bestrebungen ein, das aus dem Mittelalter stammende grundherrliche Lehnswesen aufzuheben und die einzelnen Bauernlehen allmählich in freien Besitz zu überführen - allodifizieren. –

Die einzelnen Lehensnehmer konnten nun durch die Ablösung aller Zehnten und Grundlasten endgültig frei über ihren Grund und Boden verfügen.

Für die Lehensnehmer war es nun auch möglich, einzelne Felder aus dem Lehensverbund herauszulösen, d.h. zu verkaufen, u. mehr.

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Bemerkenswerte Änderungen / Eckdaten.

Das Bürgerrecht für jeden wurde eingeführt - dh. jeder in einem Ort geborene Mensch war Bürger dieser Gemeinde, mit allen Bürgerrechten. -- Das Heiratsverbot, besser die Beschränkung einer Heirat auf den Nachweis, auf das Vorhandensein eines bestimmten Vermögens (Geld, Güter usw.) wurde aufgehoben.

Ein paar Eckdaten:

1817: Abschaffung der Leibeigenschaft (soweit noch vorhanden)

1828: Abschaffung der Fron, Blut - u. Heuzehnten (u.a.) mit dem 16-fachen bewertet. Naturalgefälle von mehr als 10 fl. (Gulden) mit dem 20-fachen, von mehr als 40 fl. mit dem 25-fachen Betrag der jährl. Leistungen bewertet. (Wertmaße: 1 Scheffel Roggen ~ 6 fl. (Gulden), 1 Scheffel Dinkel ~ 4 fl. u.
1 Scheffel Haber ~ 2 fl.-24 kr.)

1836: der Staat bezahlt für den Bauern vorschussweise den 20-fachen Betrag des jährl. Ertrags an den bisherigen Grundherren.

Um 1844: grundlegende Ablösegesetze zur allgem Zehntablösung (Weiderechte, Allmenden, Brunnen, Wege u.a.

1833: wird die beschränkte Heiratserlaubnis in Wttb. aufgelöst - v. d. Gemeinden teilw. aber *heftig angefochten. Erst 1871 wurde sie gänzlich aufgehoben. (*Intern: Anstieg der Zahl an Ortsarmen und die entstehenden Belastungen)

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Nochmals zusammengefasst:

Von allen auf den einzelnen Anwesen ruhenden Lasten wie Frone, Spann - u. Handdienste, Zehnt-abgaben u.a., wurde ein langjähriger Durchschnittswert ermittelt und mit dem Faktor 20 multipliziert. In 20 Jahren mussten nun die errechneten Werte getilgt werden. Hinzu kamen hier natürlich noch die regelmäßigen Zinszahlungen in Höhe von 4 – 5 %.

Die Folgen: hohe Verschuldung - Hofaufgaben – Hofteilungen.

Die Belastungen konnten oft nur getragen werden indem die Häuser in 2 oder gar 3 Wohneinheiten aufgeteilt und so auf mehrere Schultern verteil wurden. Acker und Wiesen mussten verkauft werden, usw.

Weitere Aspekte: die meisten Anwesen hatten sich über Lehens-Generationen hinweg hoch verschuldet – dies belegen „regallange“ Unterpfandsbücher und Einträge in den Verkaufsprotokollen im 18. und 19. Jahrhundert.

Weiter: Nach dem Bekanntwerden, die Fallehen in freie Lehen umzuwandeln forderten Pfleg-schaften, Stiftungen und private Kapitalgeber nun rigoros ihr Geld ein.

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Zeit der Spekulanten und der Wucherer.

Es kam die große Zeit für Güterhändler und Spekulanten, welche nun reihenweise Anwesen aufkauften und zerschlugen.  Die einzelnen Güter, aber auch Hausteile, wurden sodann wieder an Interessenten verkauft – oft noch in derselben Woche und im Tagesrhythmus – dabei mussten nicht selten die auf den Liegenschaften lastenden Schulden und Pfandschaften sogleich bar an den Gemeinderat entrichtet werden - ein großer Teil des Verkaufserlöses war dann auch schon wieder weg.
Nachdem die ersten Hemmschwellen gefallen waren, beteiligten sich immer mehr - auch der einfache Dorfbürger, an dem regen Kauf- und Wiederverkauf von Feldstücken und auch Wohneinheiten. Die größeren Bauern arrondierten hierbei ihre Höfe. Kleinere Söldner und auch Häusler erwarben für sich kleine Wiesen- und Ackerstücke.  Das dauerte gut 20 Jahre und mehr fort. Dabei konnte man den Trend feststellen, dass besonders Wiesen, aber auch Ackerstücke, sich stark verteuerten. Heute würde man von einer „Blase“ sprechen.

Eine der Folgen: um 1850 waren in Heuchlingen fast 40 Hausvorstände vergantet, also zahlungsunfähig.
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Weitere Details zu jener Zeit finden sich auch in Wissenswertes in Navigat. 4 b

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