Einsichten zur Entwicklung von Heuchlingen, seiner Lehenstrukturen, der Bewohnerentwicklung und weiter zu den Hausgeschichten.

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1236 wird Heuchlingen erstmals urkundlich erwähnt - es steckt mitten in der
Feudal - Lehnsherrschaft, die spätestens im Jahre 800 unter dem Frankenkaiser Karl dem Große begann.
--- Ein Lehen - lat. feudum, feodum, ist ein ein weltliches Gut --

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Alles Land gehörte dem König
oder besser dem Königreich. Die Gefolgsleute des Königs: Herzöge, Grafen, Bischöfe, Reichsäbte (Klöster), wurden mit Ländereien und Ämtern belehnt. Diese, z. Tl. recht großen Lehen wurden nun wiederunm an Unterlehnsleute - Landadel, Klöster, usw. verliehen, die ihrerseits zu ihrem  Lehnsherrn in einem bestimmten Treueverhältnis standen - wie Kriegsdienst - Verwaltung - und Versorgungsleistungen, u.s.w.
Alle diese größeren und kleineren Adelslehen- Ländereien wurden jetzt- aufgeteilt in einzelne Lehenstücke, an die niedere Bevölkerungsschicht, also an Bauern oder an sogenannten Hintersassen oder Hörige zur Bearbeitung als Lehen überlassen. Meist waren dies Fallehen, dh. die Lehen fielen im Todesfall des männl. Lehensnehmer - in diesen Fällen waren es
Mannslehen, wieder an den Lehnherrn zurück.

Für die erhaltenen Lehen musste der Bauer nun Naturalabgaben (Fruchtzehnt, Heuzehnt, Blutzehnt usw.), Fron- und Jagddienste ableisten, Jagdhunde (Bracken) züchten und anderes mehr. Im Gegendienst übernahm der Lehnsherr den Schutz seiner Untertanen. (Leibesschutz, Rechtsschutz)

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Heuchlingen im Jahr 1366.

Nach einer Ellwanger Urkunde verkaufte Konrad von Rechberg 1366 an seinen Vetter Wilhelm von Hohenrechberg die Burg, Kirchbesatz, Mühle, Badstube, zwei Gasthäuser, einen Maierhof und zwei weitere Höfe für 3475 fl. (Gulden)
Heuchlingen bestand danach aus: einer Mühle, 8 Bauernhöfen, 4 Halbbauernhöfen, 19 Lehen und
28 Sölden. (int.: also ~ 60 Hausanwesen) qu.: Heimatbüchlein v. Pf. Zuber.

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Wie nun könnte Heuchlingen zu dieser Zeit ausgesehen haben? - man weiß es nicht. Aber, es gibt durchaus eine Vorstellung, wie Hchl. vor 400 - 500 Jahren ausgesehen haben könnte. Altbürgermeister Hans Hopfensitz hat es versucht und hierzu recherchiert:
"Um 1600 wird eine "gemeine Gasse" genannt, die man sich als Längsachse (oder besser Querachse) durch das Dorf vorstellen muss. An dieser Achse lagen nun die größeren Bauerngüter (Höfe und Lehen, eine Schmiede, eine Schenkstatt, eine Badstube u.ä.
Um die Häuser und Scheunen reihen sich die Schorgarten, Gras-und Baumgärten. Diese sind durch Einfriedungen von der übrigen Flur getrennt und vor der Beweidung geschützt.

Kleinere Selden und Häusler oder Hirten - und Handwerkerhäuser befanden sich auf dem Bühl (auch Bihl - Gänsbühl), an der Hirtengasse, in der Vorstatt und entlang der "Kefergasse".
Noch nicht oder nur schwach bebaut war der Kirchbühl - Das Pfarrhaus wurde um 1590, eine Schule um 1623 oder etwas vorher erbaut.
Wenig bebaut wird auch der Schloßberg gewesen sein, denn zum oberen Schloßberg heist es:
Der südliche Schlossflügel, welcher dem Einsturz nahe war, wurde 1786 an den Zimmermeister Michael Holl f. 250 fl. zur Errichtung einer Erb-Sölde verkauft und danach abgebrochen. Das Mauerwerk wurde zum Bau der umliegenden Häuser verwendet.
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Über die Lein gelangte man über eine Furt. Ein Fuhrwerk - und Lastenverkehr über die Lein war oft über größere Zeiträume nicht möglich.
Erst 1680
wurde dann die erste Holzbrücke über die Lein gebaut - die nicht selten bei größeren Hochwasser jährlich zerstört wurde.
(ggf. waren auch schon Vorgängerbrücken von Holz vorhanden, welche aber bei Hochwasser immer wieder zertstört wurden)
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Woher weiß man nun oder wie erfährt man, wie eine Dorfsiedlung vor vielen hundert Jahren ausgesehen hat oder wie sie struktuiert war?

Es sind die Lagerbücher, siehe Link - die darüber Auskunft geben. Lagerbuch - ein Fachbegriff des Archivwesens.
Ein Lagerbuch ist ein handschriftliches Verzeichnis von Besitzungen und der damit verbundenen Einkünfte, die zu einer bestimmten Herrschaft oder einer Verwaltungseinheit (Amt) gehörten. Sie kamen im 15. Jahrhundert auf und sind die Nachfolger der bis dahin üblichen Urbare, Salbücher und Zinsrodel. Lagerbücher wurden bis ins 18. Jahrhundert hinein angelegt. Solche Lagerbücher oder Salbücher sind also die Quellen die Auskunft geben über die Hofanwesen und ihrer Bewohner in früheren Zeiten.

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Analyse der Häuser, Bewohner und Hofnamen in den Jahren 1600 - 1634 - 1746 und 1800 in Heuchlingen.
Für die Zeit um 1600 hat Hans Hopfenzitz die Höfe, Lehen und Selden mit den Namen der jeweiligen Besitzer und Bewohner notiert.
Für 1634
findet sich im Saatsarchiv Ludwigsburg eine Vergleichsliste.

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Für 1600 und (1634) werden genannt:
6 - (8) Höfe mit denBewohnern: Lienhardt Vogt; Jakob Bidlingmaier; Martin Engel; Georg Scheurer, Lienhardt Kellin; Hans Hegelin, Lienhardt Kell auf dem Staudenhof und Katharina Edelmann (ergeben 7. Besitzer)
Bereits 1634 sind auf den im Jahr 1600 genannten 8 Höfen nur noch die Namen Bidlingmaier und Hegele anzutreffen.
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Für die 1600 aufgeführten 22 - (16) Lehen (Lehner) nennt er: Hans Vogt; Hans Miller; Bartholomäus Klotzbücher; Martin Urloff; Jörg Seybold; Marie Keller; Veit Schierlein; Hans Benkelmann; Peter Hoch; Georg Keller; Georg Nayer; Wolfgang Theilacker, Lienhardt Schwarz, Burkhardt Vogt; Georg Hirschmann; Balthas Bonnath; Lienhardt Kell; Matthäus Barth, Dietrich Pfeiffer; Maria Steiner u. Hans Sachsenmaier.
Unter
den 1634 aufgeführten 16 Löhnern (Lehner), sind jetzt nur noch die Namen Miller, Klotzbücher, Seibold u. event. Kölle (Kell od. Keller) aufgeführt.

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Für die 16 - (30) Sölden sind genannt: Anna Bennerin; Hans Schrag; Wolfgang Rupp: Anna Rieck; Hans Heldampf; jung Mihael Seibold; Kaspar Birk; Melchior Mayer; Jakob Rötter; Kaspar Kugler; Lienhardt Yrsaller; Bernhard Merz; Anna Mayer; Melchior Riek; Kaspar Kling und jung Michael Krotzer.
Unter den 1634
aufgeführten 30 Sölden nur noch die Namen Vogt, Hoch, Maier, Bart , Teilacker, Heldampf, Kugler und Birk genannt.
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Fazit: Die meisten der genannten Namen - sind Ende des 17. Jahrh. nicht mehr zu finden – sicher auch eine  Folge des 30jährigen Krieges. Bei keinem der aufgeführten Besitzernamen ist auch keine Zuweisung auf einen bestimmten Standort oder auf ein heute noch bekanntes Anwesen ersichlich.
Erstaunlich dabei :
Nicht mehr ausfindig zu machen ist auch der Standort des einzigen mit einem Hausnamen genannte *Stauden-Hof, - dabei gab noch bis in unsere Zeit hinein, einen *Staudenacker.

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Diese oben genannten Brüche erklären dann auch die Situation bei den einzelnen Hausanwesen auf die wir im Hauptprojekt eingehen.
Der zeitliche Rückblick in diesen "Hausprojekten" ist relativ flach und fußt auf die ersten noch vorhandenen Güterbücher, die 1701 (Hlzl.) und 1760 in Hchl. erstellt wurden. Hier finden wir dann auch kaum noch einen der Besitzernamen wie sie in den Listen oben aufgeführt sind.

Gegenüberstellung der Bewohnersituation um 1600, 1634, 1746 und 1800.
Aus einer Herrschaftsgebietskarte von 1746 lassen sich nun Vergleiche zur Situation in Heuchlingen um 1600 - 1634 und 1746 ableiten - (Heuchlingen gehörte noch zum  Fürstpröbstlichen Herrschaftsgebiet Ellwangen) und a
us einer Rechnung der Oberämter für den Ort Heuchlingen ein abschließender Vergleich mit 1800/01 (Qu. Arch. Raths. Hchl.)
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1600

6
Höfe + 4 herrschaftliche Erblehen

22 Lehen

16 Sölden

Häusler (Häuselmänner) - keine

21 Familien ohne Ar u. Halm - sogen. Hausgenossen

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1600 - Sa. ca. 54 Anwesen

1746

9
Ganze Bauern

4 Halbe Bauern

19 Lehner 

? Söldner- keine Ang. 

Häusler - keine Ang.

keine Angabe

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1746 - ca. 60  Anwesen

Um 1800 (ohne Zahlenang.)

..Bauern,

..Lehner,

..Söldner und

..Häusler

..als eigenständige

..Haushalte oder ..Hausanwesen

Sa. ca. 82 Anwesen

Details

Bewohnersituation um 1600aus Recherchen v. Altbürgermeister Hans Hopfenzitz.

Um 1600 finden sich in Heuchlingen 3 herrschaftliche Lehen: die Mühle, die Schenkstatt und die Badstube, und eine Heiligensöld - (Kirchensölde). Hierbei handelte sich um Erbgüter, also Erblehen. Hinzu kommen 46 zur Dorfgemeinschaft gehörende Anwesen und 4 - 5 dem heiligen St. Veit lehnspflichtige Anwesen.
Zusammen gezählt ergäbe dies  ca. 54 Anwesen oder Haushaltungen in Heuchlingen.

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Bewohnersituation 1634 - Qu. St. Archiv Ludwigsburg - B415- Bü.56

Hier werden genannt: 8 Bauern, 16 Löhner (Lehner/Lehen) und 30 Söldner (Sölden).
Dies ergäbe ebenfalls 54 Haushaltungen. Eingeschlossen auch hier noch die herrschaftl. Lehen und die Kirchenlehen. Für die Aushöfe sind notiert: Holzl.: 1 Bauer | Mädhof (Mäderh.) 1 Halbbauer - (für 1 Löhner gerechnet) | Birkhof: 2 Pers. (f. 1 Löhner gerechn) |
Riedhof: 1 Halbbauer | Göckhing o.ä.: 2 Mann (f. 1 Löhner gerechnet)

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Die Anwesen um 1600 / 1634 lassen sich grob einteilen in:
3 Erblehen (Mühle, Schenkstatt und Badstube) – 6 Höfe / 8 Höfe (ganze Bauern genannt) ca. 22 / 16 / Lehen (je nach Gegend  auch ½ - Bauer / ¼ Bauern usw. genannt) und ca. 16 / 30 / Sölden (Sölden: meist besteh. aus einem Haus od. Häuslein mit kleinem Garten und wenigen Tagw. Wiesen und 1-2 St. Vieh).

Bei all den genannten Anwesen handelte es sich - außer den 3 genannten Erblehen, ausschließlich um Fallgüter - auch Fallehen genannt. Hinzu kommen - um 1600- noch 21 Familien ohne Ar und Halm. Diese lebten als Hausgenossen bei den Hofbauern - sozusagen in Miete. Weiter hinzu kommt auch das Hausgesinde und die Ausgedinger in den einzelnen Höfen, Lehen und Sölden.

* Bemerkenswert: 1634 sind 6 Lehen weniger - und 14 Sölden mehr genannt als in 1600. (Sölden sind die kleineren Anwesen)
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Um 1800, ~ 50 Jahre später, stellt sich also folgende Bewohnersituation dar.
Aufgeführt werden hier: 82 Anwesen, als Fallhöfe, (darunter 3-4 Erbhölden), halbe Fallhöfe, Fallehen und Fallhäuslein. Also 82 Bauern, Lehner, Söldner und Häusler als eigenständige Haushalte oder Hausanwesen.
Auch hier müssen dann wiederum die Familien ohne Ar und Halm hinzu -gerechnet werden. Diese lebten als Hausgenossen bei den Hofbauern - sozusagen in Miete. Weiter hinzu kommen noch die sogenannte Ausdinger in den einzelnen Höfen, Lehen und Sölden.
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Nochmals 50 Jahre später zeigt die Ortsgeschichte ( Pf. Archiv - Krt.33, Mp.72)
Im Mai 1851 hatte Heuchlingen 105 Hauptgebäude und 36 Nebengebäude,
Holzleuten 24 Haupt - und 11 Nebengebäude - (24 eigene Haushalte/ Anwesen)
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1877 zeigt dann folgendes Bild- Quelle: Kocherzeitung- Amtsblatt f.d.Oberamtsbezirk Aalen u. U.
Heuchlingen mit den Teilgemeinden Birkhof, Holzleuten, Hlzl.Schafhaus, Kiarth, Mäderhöfe und Riedhof.
Zahl der bewohnten Gebäude = 137
Zahl der Haushaltungen > 2 Pers. = 155
Zahl der ortsanwesenden Bevölkerung = 689 Personen

Link: detailierte Auflistung

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Über Bauern, Halbbauern, Söldner und Häusler.
Die Hofgrößen schwankten in den einzelnen Herrschaften - auch abhängig von der Gelän-debeschaffenheit, stark.
Ganze Bauern. In Heuchlingen konnte man dem Ganzen Bauern, neben seinem Haus, Scheuer und Stall, eine Fläche von 30 bis 60/ 70 Morgen, in Einzelfällen auch bis zu 100 Morgen (Haidenbauer) zurechnen - Solch ein „ganzer Bauer“  besaß dann auch eine  ganze Gemeindegerechtigkeit - ein ganzes Gemeindestimmrecht sozusagen.
Halb-Bauern besaßen ~ 5 bis 20/30  Tagwerk Güter und hatten entsprechend weniger Stimmrechte.
Viertel Bauern mit nochmals etwas weniger Gütern ~ 2 - 8 Tagwerk. (In manchen Orten gab es auch noch 1/8 - Bauern)
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Wissenswertes hierzu eingefügt: In den Beilagen zur der Schultheißenrechnung 1826/27, Seite 20, heißt es bei der Vergabe der Schafweide:
der Ganze- Bauer
muß 2 Morgen Brache liegenlassen,
der Halbe- Bauer 1 Morgen und
der Viertel- Bauer
1/2 Morgen Brache (Wobei über die Quantifizierung der Ganzen - Halben -u. Viertelbauern keine entspr. Angaben gemacht sind)

Ein Lehner- Anwesen bestand meist aus einem kleineren Haus mit einem Stall für 1 bis 3 Stück Vieh und einen kleinen Heustadel. Dazu gehörten meist noch ein Garten und 1 - 3 Tagwerk Wiesen und 1- 2 Jauchert Ackerflächen. (1 Jauch. je n. Land ca. 1,7 Tagw.)
Die Sölden.  Noch bescheidener waren die Sölden ausgestattet. Zum Haus oder Häuslein, oft mit einem kleinen Stall, gehörte meist ein Küchengärtlein und kleinere Wiesenstücke oder Oeden zum Anwesen. Lehner - Söldner - Anwesen bewohnten meist  Handwerker, Händler und Taglöhner.
Der Häusler hatte außer seinem kleinen Häuschen weder ein Garten noch weiteres Land. Er konnte gerade um sein Häuslein gehen. 
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Dorfentwicklung während der Lehensherrschaft.
Die Dorfgerechtigkeiten, wie Allmenden, Wege, Gewässer, Brunnen, Beweidungen und anderes Gemeindeeigentum,  waren jeweils auf die Hofstellen festgeschrieben. Sie verhin-derte über Jahrhunderte das Wachstum eines Dorfes (Ansiedlg. v. Handwerkersölden, eigenständige Häusler und Taglöhner mit kleinerem, eigenen Grund usw.) Eine solche Neuansiedlung war nur möglich, wenn alteingesessenen Bauern Stimmrechte von ihren Rechten - z.B. Allmendbesitz, Abstriche gemacht haben (und dies auch erst nach Genehmigung des Lehensherren). Was dabei aber wiederum weniger Futteranteil und weniger Viehbestand bedeutete. So hat die Dorfentwicklung auch in Heuchlingen - die
Zahlen von 1600 und 1746 zeigen es, hinsichtlich der Dorfstruktur und Dorfgröße nur
wenig Fortschritte angezeigt. Dies änderte sich nach der „Säkularisierung" im 19. Jahrh.

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