Erblehen / Fallehen -- Weglösin / Abfahrtgeld / Auffahrtgeld -- Zusammenhänge.

Begriffe:

Bis zur *Allodifizierung, (allod / Eigengut / Erbgut) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der vom Bauern bewirtschaftete Hof und dem zugehörigen Grund und Boden nicht dessen Eigentum. - Der Bauer stand zu seinem Grundherren in einem Lehensverhältnis, in der Form, dass ihm der Hof nur zur Bewirtschaftung überlassen wurde.

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Die Grundherren in Heuchlingen waren: (dem Verfasser bekannte)

die Herren von Rechberg- Heuchlingen, ein Herr Arnold v. Wolfen, das Stift und

die Fürstpropstei Ellwangen.

Die Grundherren In Holzleuten waren Lehen von verschiedenen Klöstern in Schwäb. Gmünd - bis auf ein Hofgut, welches nach Ellwangen gültpflichtig war (d. Hof "Strohbauer")

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Die Allodifizierung = Umwandlung eines Lehngutes in Eigenbesitz.

Nach Inkrafttreten der Lehensauflösung im Königreichs Wttb. konnten die einzelnen Lehensnehmer durch die Ablösung aller Zehnten und Grundlasten endgültig frei über ihren Grund und Boden verfügen.

Diese freie Verfügung gab es aber keineswegs umsonst. Von allen auf den einzelnen Anwesen ruhenden Lasten und Frone: (= versch. unentgeltliche Arbeiten u. Dienste für den Grund-herren) Spann – und Handdienste, Jagd, Zehntabgaben, usw. wurde ein langjähriger Durch-schnittswert ermittelt und mit dem Faktor 20 multipliziert. --- In einem Zeitraum von 20 Jahren musste die Schuld nun getilgt werden. Hinzu kamen jetzt noch die regelmäßigen Zinszahlungen in Höhe von 4 – 5 %, und, nicht zu unterschätzen, die durch die Hofübergaben aufgelaufenen Schulden (oft über mehrere Generationen hinweg.)

Diese Belastungen konnten oft nur getragen werden indem die Häuser in 2 oder gar 3 Wohneinheiten aufgeteilt und so auf mehrere Schultern verteilt wurden - oder dass, in nicht seltenen Fällen, ganze Hofanwesen von Güterhändlern aufgekauft wurden, welche die Anwesen in der Regel zerschlugen, indem sie Äcker, Wiesen meist einzeln *weiterverkauften, in einzelnen Fällen auch noch das Haus. *Der eine oder andere finanziell besser gestellte Bauern konnten sich dabei vergrößern. Oft auch kamen Käufer aus benachbarten Orten und schafften sich durch einen Aufkauf eine neue Heimat in unserem Ort.

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Bestandsbriefe - Gebühren bei Besitzveränderungen - Lehensarten u.a.

Für die einzelnen Lehen der Bauern, Seldnern, Lehnern u. a., wurden in der Regel sogenannte "Hausbriefe" - exakt Bestandsbriefe, ausgestellt, in denen Einzelheiten zwischen dem Lehens-nehmer, also dem Lehensnehmer und der Grundherrschaft, geregelt warn - eine Art Pachtvertrag. (solche Bestandsbriefe liegen von Heuchlingen derzeit nicht vor)

Zu Anfang solcher Bestandsbriefe wurde der Grundherr und der Lehensträger genannt. Es folgten eine detaillierte Beschreibung der Gebäude und der zugehörigen Fluren. Weiter folgten Treuebekenntnisse zur Grundherrschaft und Einzelheiten zur Bewirtschaftung des Lehensgutes. In manchen Fällen war auch die Konfession zur Lehennutzung vorgeschrieben.

Von Wichtigkeit in solchen Bestandsbriefen war die Beschreibung der Lehensverhältnisse - war es ein Erblehen oder war es ein Fallehen.

Zur Festsetzung der Besitzabgaben hatten sogenannte unabhängige Gerichtsmänner - oft auch aus benachbarten Gemeinden, den Wert des vor einem Besitzwechsel stehenden Hofes zu taxieren. Hier kann nun vorweggenommen werden: Sowohl die Ellwangischen Lehen, oder die Lehen des Herrn v. Wolfen, wie auch die Klosterlehen in Holzleuten, waren allesamt Fallehen. -- in anderen Gemeinden, z. B. in Leinweiler, gab es außer Erblehen (u. Fallehen) auch noch "lehnsfreie Bauern".

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Erblehen --Fallehen ---- Weglos -- Abfahrtgeld -- Auffahrtgeld.

Erblehen - der Name deutet es an, konnten nach dem Tod des Leheninhabers an Familien-angehörige, zumeist an den Sohn, weiter vererbt werden. In seltenen Fällen - nach Zusagen des Grundherren, war auch eine kleine Hofteilung möglich.

Fallehen fielen - beim Tod des Bauern oder der Übergabe an einen Nachkommen- zunächst einmal an den Grundherren zurück. --- Rechtlich war es jetzt sogar möglich, dass die Nachkommen den Hof verlassen mussten. Dies geschah jedoch selten. In den meisten Fällen wurde dem Gesuch zu einer Weiter- Belehnung nachgekommen. Dem Grundherrn selber war dabei auch eine gewisse Kontinuität wichtig.  So gesehen bestand also - was die Besitzernachfolge betraf, zwischen Erb- und Falllehen de facto kein Unterschied.

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Weglos -- Abfahrtgeld -- Auffahrtgeld. Bei einem Besitzerwechsel fielen Gebühren an. Sie wurden aufgeschlüsselt als:

"Weglos" und "Abfahrtgeld" – beides örtl. auch zum "Fahl" (z. fall) genannt) und

"Auffahrtgeld" - Das Auffahrtgeld wurde auch als "Handlohn" bezeichnet.

Diese Gebühren nun waren für den Lehengeber oft bedeutsamer als die lfd. Zehnt– und sonstigen Fronabgaben. (Intern: "in etwa vergleichbar mit den Ablösegebühren und Gebühren für den Abschluß eines neuen Versicherungsvertrages")

Die finanziellen Unterschiede:

Weglöse (lösen, freimachen = die Abgabe, die ein Wegziehender an den Herrn oder Obrigkeit zu entrichten hatte. Also eine Art Vertragsauflösung) ----

Die Weglöse war bei einem Besitzerwechsel für beide Lehensarten: Erblehen, Fallehen gering und lag bei wenigen Kreuzern oder auch Gulden.

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Das Abfahrgeld -"zum Fahl" (z. Fall) für den Verkäufer (z.B. d. Vater) und das Auffahrgeld - für den Käufer "zum Bestand" z. B. dem Sohn (dem Auf-Fahrenden), lagen bei beiden Lehensarten – Erblehen u. Fallehen- wesentlich höher ---- jedoch mit beachtlichen Unterschieden.

> Bei einem Erblehen lag die Höhe für die Abfahrt - und die Auffahrt bei jeweils 1/10 (10%)

(in einzeln. Fällen auch bei 1/5 (20%) des Schätzwertes)

> Bei einem Falllehen musste der Verkäufer für die Abfahrt ~ 1/3 (33%) und der Käufer für die Auffahrt ~ 1/10 des geschätzten Hofwertes entrichten.

Zu diesen Gebühren für den Besitzerwechsel kam auf den Käufer noch die Kaufsumme für das erworbene Anwesen hinzu – falls dies von der Familie gefordert wurde – was meist der Fall war (Ausgeding, Geschwisterauszahlung u.a.) So war es nicht verwunderlich, dass die Familie eines verstorbenen Fallehenträgers schnell in eine finanzielle Notlage geraten konnte, wenn sie (bei einem Fallehen) ~ 40 - 45% des Gutwertes stemmen musste (sollte der Hof an die Witwe oder einen anderen Familienangehörigen übergeben werden).---- Die meisten Fallehen - Anwesen waren oft schon nach der ersten (Hof)- Übernahme hoch verschuldet.

Die Folgen:  Viele neu ausgestellte Lehnsbriefe wurden von Bittbriefen über einen Nachlass oder Minderung der anfallenden Gebühren begleitet. --

Die anstehenden Lasten wurden meist durch verzinsliche Darlehen bei Institutionen (die Kirchenpflege war z.B. ein bedeutender Kapitalgeber) und bei privaten Geldgebern oder über Pfandkassen geschultert. Die vorhandenen Pfandbucheinträge zeugen von der Not.

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2 Beispiele zur Weglöse - Abfahrtgeld - Auffahrtgeld - in Heuchlingen.

Beispiele 1. ... Dem Heiligen Veit gehörigen Güter (Zeit ~ Anf. 17. Jh. - v. Pf. Zeyer aufgestellt)
Georg Rieckh zu Heuchlingen hat inne und baut (bearbeitet) ein Lehen daselbst. Ist ein Fallgut, welches dem Heiligen St. Veit gültbar. --- Dieses Lehen, vor Jahren von der Rechberger Herrschaft bestanden & Empfangen. --- Wenn durch Tod oder sonst ein Teil vom Lehen kommt, so ist 1/2 Weglose in 2 Gulden zu bezahlen. Kommen aber beide vom Lehen, so eine ganze Weglose = 4 Gulden, und ist das ganze Lehen dem Heiligen St. Veit anheimgefallen.

Das Lehen hat zu gülten: Auf Martini (11. Nov.) = 1 Gulden und auf Georgi (23. Apr.) = 1/2 Malter Dinkel und 1/2 Malter Haber. (1 Malter sind ~ 520 lt.) Angemerkt: Ab - u. Auffahrtgeld sind hier nicht vermerkt. Das Lehen fällt zunächst an den Heiligen zurück.

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Beispiel 2 ... Eine Güterbeschreibung aus dem Güterbuch v. 1760.

Riedhof: Anton Fischer besitzt ein fallbares Gut, welches in Todesfällen den 3tn (33%) und bei lebendigen Veränderungen (z.B. Übergabe a. d. Sohn) den 10tn Pfennig (10%) zu reichen und hat sich des Handlohn bei der letzten Apertur (Übertragung u.a.) belasten auf 127 fl (Gulden) ---

Apertur: ist hier das Auffahrtgeld nach einem Todesfall gemeint? (Handlohn)

Int. bewertet: eine immense Last: Sa. ~ 43 % des Hofgutwertes + 127 fl (Gulden). Sie führte in vielen Fällen zur völligen Überschuldungen (auch a. d. Riedhof), zu Teilverkäufen, Gant oder Zerschlagung der Güter.

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Ergänzend z. Thema: eine Außensicht:

In einem 1791 erschienenen 2 - bändigen "Geographischen - Statistisch - Topographischen Lexikon von Schwaben", erschienen in der Reichsstadt Ulm, wird u.a. auch die Lage der Untertanen der Fürstprobstei Ellwangen dargelegt ..... "kann man das Ländchen überhaupt ein gutes Ländchen nennen, dessen Bewohner dem- geachtet nicht in den glücklichsten Umständen sind, woran die innere  Einrichtung die Schuld hat.

So hat z.B. das Stift über 1100 sogenannte Fallgüter, die nach dem Tode des Pächters an den Eigentümer zurückfallen und gegen eine Ablösungssumme auf Lebensdauer neu verliehen werden, die am Ende sich selbst und ihre Familien aufzehren. Der Landmann bringt nichts, als eine immer größere Schuldenlast vor sich ... "
Diese Aussagen werden dann aber am Schluss des 1952 erschienenen Zeitungsberichts etwas relativiert und auf die Gegenleistungen der Ellwangischen Regierung verwiesen (Straßen- und Wegebau, Förderung von Handwerk und Industrie, vorbildliche Schul - und Gemeindeordnung u.a.) s. Pf. Arch. Krt. 37-ob. Mp.

 

 

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