Abdecker - Schinder - Wasenmeister - Kleemeister

Abdecker nannte man auch Schinder (in anderen Gauen auch Wasenmeister, Kleemeister), weil er tote Tiere enthäutete (schinden = die Haut abziehen) Andere nannten ihn Hundehäuter, Racker oder auch Schelm. Alles Bezeichnungen, die ehrliche Leute als Schimpfwörter empfanden.


Abdecker - Schinder auch in Heuchlingen?

In den diversen Registern unserer Gemeinde finden sich derzeit keine konkrete Hinweise auf diese Tätigkeit im Ort. Sicher wird es Diese aber gegeben haben. Darauf deuten ganz deutlich auch die Gewann-Namen: Kleemeisterei, Schelmen und Schelmenhölzle, Siechenbach und der Schindersbach mit dem Schinderhäusle hin. Letztgenannte liegen heute auf der Markung Horn.
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Josef Ohnewald nennt in seiner Chronik für 1796 einen Johann Rieck, "der Keartschwarz", welcher am Siechenbach zum Abziehen verendeter Tiere abgestellt war. Dieser Johann Rieck findet sich auch im Fam. Reg. als Johann Rieck, Taglöhner im "Kearthaus".

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Kein Abdeckeplatz in Hchl. im 19. Jh.? (d.h. amtlich vermerkt)
Das Thema Abdecker / Kleemeister
ist auch i. d. Schulth. Rechnung von 1872/73 erwähnt: "dem Kleemeister Däfner und dessen Tochtermann Johannes Schleicher in Horn, lt. der Rechnung v. 1870/71, Wartgeld für die Einräumung eines Platzes zum Verscharren der gefallenenn Tiere - auf 6 Jahre bis 1876 jährl. 5 fl."

In Heuchlingen wurde also kein gesonderter Platz für das Abdecken gefallener Tiere mehr bereitgehalten - Der Posten eines Abdeckers ist in Heuchlingen danach offensichtlicht nicht mehr besetzt.

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1902 dann Einrichtung eines Wasenplatzes in Holzleutem?
1902
scheint
sich die Sachlage dann geändert zu haben. Im Januar 1902 erteilt das Oberamt Aalen der dortigen Gemeinde die Erlaubnis zur Errichtung eines öffentlichen Wasenplatzes auf der Parzelle 349/351--(Link) in Holzleuten, unter der Bedingung, dass der als Verscharrungsstätte für Milz und Rauschbrand Kadaver dienende Teil als Wasenplatz für Pferde und Wiederkäuer und Schweine unzugänglich gemacht, auch auf demselben Viehfutter oder Streu weder geworben noch vorübergehend aufbewahrt wird. ..... (§ 11. Abs.1. der ........ instruktionen zum Kreisviehseuchengesetzes. Aalen den 8. Jan. 1902.. . In einer Beilage der Teilgemeinderechnung Hlzl. v. Jan. 1906, sucht der Pächter des Brunkelwasen, Bernhad Bach, um eine Pachtänderung nach, da er infolge der Benutzung des Wasenplatzes durch die Gd. Heuchlingen einen Schaden erleiden würde. Die Teilgemeinde will diese Sache mit der Gesamtgemeinde Hchl. vertraglich regeln. Ob dieser Wasenplatz gemeint ist?
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Geschichtliches.
Pfarrer Gustav Zeyer beschreibt in seinen Recherchen über 350 Flurnamen in Heuchlingen auch das Thema: Abdecker und Schinder in Heuchlingen. Hierbei nennt er früher im Ort gebräuchliche Namen:

Schelmen: so hießen früher die Stellen, wo verendetes Vieh oder seuchenbehaftete Tiere abgedeckt (enthäutet) und verlocht (begraben) wurden. Dazu den heute noch bekannten Flurnamen:

Schelmenhölzle: in diesem Hölzle befand sich der Schelmen = oder Schinderwasen, welcher noch 1780 verwendet wurde. Im Jahr 1799 hat ihn die Gemeinde um 150 Gulden verkauft mit der Bedingung, dass hier kein gefälltes Vieh mehr darin eingegraben werden darf. Von da an wurde verendetes Vieh nur noch in der Flur Siechenbach verlocht. 

In der Horner Flur befindet sich der vom Horner Schinderhäuschen herabfließende Schindersbach. In diesem Schinderhaus wohnte der Abdecker oder Schinder, welcher dem verendeten Vieh die Haut abzog und das Fleisch dann verscharrte. In den Flurkarten wird die umgebende Flur heute noch als Kleemeisterei geführt - s. hier die Erwähnung oben in der Schultheißenrechnng Hchl. v. 1872/ 73

Das Gewann "Siechenbach".
Bei der Beschreibung dieses Flurnamen geht Zeyer ausführlicher auf das Thema Seuchen, Siechen und Abdecker ein.
(Der Siechenbach ist der von der Riedhofhöhe herabfließende Bach und ist in Teilen auch unter dem Namen "Katzenbach" bekannt. Das untere Bachstück kennt jedermann als "Grottebach")

Seine Recherche: Fast alle ansteckenden Krankheiten mit Ausschlag, hier besonders die Syphilis, wurden früher als Aussatz angesehen. Die damit Behafteten wurden in Sichenhäusern abgesondert. Davon rühren manche Flurnamen, die mit Siechen zusammengesetzt sind, her. Dafür, ob unser Flurname "Siechenbach" ebenfalls darauf hinweist, dass hier ehedem ein Siechenhaus gestanden hat, sind keinerlei Hinweise gefunden worden. Eher ist die Vermutung richtig, dass hier diese Flur am Bach dazu verwendet wurde, krankes Seuchenvieh dort unterzustellen und verendetes Vieh dort abzuziehen und zu verlochen.
Darauf deutet auch eine Abhandlung aus dem Jahr 1796 von dem Hchl. Bürgermeister Josef Ohnewald hin: Als das Kriegsgewitter vorüber war und wir uns wieder zu erholen wähnten, da traf unseren Ort ein neues Unglück: die Viehseuche, die sogen. Übergälle. Gleich nach dem Übergang der Franzosen über den Rhein nahm diese Seuche dort ihren Anfang und verbreitete sich durch ganz Schwaben bis nach Bayern hinein, überall hin wo die Franzosen gekommen waren. Den 27. Sept. 1796 kehrte dieses Unglück bei dem Munzen ein (Munz bewohnten das Gesamtanwesen Haus 96/97-s. dort). Man machte im Kothenrain eine Hütte, um das kranke Vieh gleich dorthin zu schaffen, um so dem Unglück durch Entfernung vorzubeugen. Allein der Munz verlor in kurzer Zeit seine 5 St. Vieh. Von ihm zog die Seuche zum Schneiderbauer, der einen Ochsen einbüßte. Dann war es wieder ruhig. Aber bald verbreitete sich die Seuche von einem zum anderen, und nur selten kam ein Vieh davon. Man baute nun im Siechenbach eine Hütte, wo das verreckte Vieh abgezogen und das Fleisch vergraben wurde. Johannes Rieck und Keartschwarz waren zu diesem Geschäft aufgestellt. (Anm. Rieck nannte man den Keartschwarz) Es wurde noch manch lebend dahin geführt, und wenn man sah, dass keine Rettung mehr zu hoffen war, wurde es totgeschlagen.

Eine Episode hierzu: von Gmünd kam öfters ein Mann mit einem Rössle heraus und holte Fleisch. Als ihm einmal der Keartschwarz keines geben wollte, weil er kein anderes (gesundes Fleisch) hatte, sagte der Gmünder: toto ist tot, gebt mir doch eins! Was tut der Hunger nicht oder die Gewinnsucht - so Zeyer.
Weiter: von den Bauern wurde keiner von dieser Seuche verschont, außer dem Lauchfranz (der Lauchbauer) Von den Kleinhäuslern wurden kaum zwei von der Seuche heimgesucht.

Zum Schluß vermerkt G. Zeyer: So ist also die Vermutung vollauf berechtigt und begründet, dass im Sichenbachgelände schon in früheren Zeiten das Seuchenvieh abgedeckt und vergraben wurde.

Gustav Zeyer war von 1943 bis 1955 Pfarrer in Heuchlingen - er war ein überaus fleißiger und kompetenter Heimatfoscher.

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weitere Links zum Thema

Der Abdecker von Wilflingen. Eine wissenswerte Abhandlung über die Geschichte der Abdecker in unserer Gegend - erschienen im Ostalb- Einhorn im Juni 1993.

Von Hinrichtungen, Scharfrichtern und Kleemeistern in Böblingen.

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